Zukunft der Natur, Teil II
Klaristische Vorfragen
Klarwelt und Wirrwelt
Die Klare Kunde bekennt das Dasein als ewigen Zwiestand von Klarwelt und Wirrwelt, und Einzelmächte erkennt sie hüben und drüben walten.
Freilich: begreifen können wir hier in der Wirrwelt nicht die Wesen der Klarwelt – aber ihr Wirken und dadurch sie selbst werden dem Schauen und klaren Denken gewiss, so gewiss wie irgend eine physikalische Ursache, deren Wirkung allein bekannt ist und nicht ihr Wesen: wie Elektrizität und sogar die Materie!
Doch in der Wirrwelt sehn und begreifen wir die Sonderwesen in ihrem Wirken.
Sie grenzen sich als Sondergebilde gegen die Umwelt ab, sie stemmen und richten sich als Sonderwillen gegen all die Naturumstände, gegen der Nebenwesen Begehrungen. Sie wachsen in innerer Sondermehrung.
Dem unbeteiligten äusseren Blicke bleibt die innere Lebensreifung des Sonderwesens verborgen?
Genau so verborgen, wie dem Einen des Andern Bewusstsein unsichtbar, unhörbar, unbegreifbar ist. Jedoch es fühlt der eigne Wille in sich das stille Wachsen.
Der innere Lebensgewinn, in äusseren und inneren Mühen erworben, zergeht mit dem Tode nicht.
Das ist eine willensgewisse Tatsache, deren Erlebnis im eigenen Innern und in dem tiefen Streben der Andern nach Klarheit und Läuterung (wie verworren es wäre!) ein vollgültiger Daseinsbeweis ist, wie zwei x zwei = vier – nur dem Willensblinden ist dies versagt, der die Farben und Ströme des Lebens nicht spürt.
«Ich will, also bin ich», ist der wahrste Lebensbeweis; «ich will, also langt es in mir nach dem, was noch nicht ist» – «ich will, also mehrt sich in mir und an mir die Wirklichkeit», ist der Beweis der Lebenszukunft im Einzelwesen. Sehnsucht und Kraft, im Willen eins, bezeugen über den gegenwärtigen Stand der Natur hinaus die höhere Ordnung als wirkend, die als Zukunft der Natur in jedem Einzelnen wahr zu werden hat: die Ordnung der Klarwelt.
Wer den Willen nicht kennt, mag diesen Beweis verwerfen, wie der Blinde das Dasein der Sterne, deren Licht er nicht sieht – er mag für sich auf jeglichen Sinn des Lebens verzichten.
Wer jedoch einen Sinn des Lebens erahnt, muss ihn klarstens im ewigen Weiterwirken alles Erlebens, aller Eigenreifung erkennen.
Sonderreifung, Sonderwillen, Sondergestalt sind der dreifache sonnenhelle Grund des klaristischen Glaubens an wahre Wesensmächte inmitten der Wirrwelt, an Eigenwesen, an ihre Bestimmung über den Zustand der Rohnatur hinaus – in jene Ordnung der Klarwelt unverlierbar hineinzuwachsen.
Ohne Ziel, wie ohne Sonderung ist das Dasein einfach ausgelöscht. Ohne Sonderung gibt es kein Wirken, denn jede Wirkung und Kraft geschieht «in einem Andern»: ohne Sonderung ist einzig das Nichts, ein inhaltloser Punkt. Und ohne Ziel gäbe es nicht das mindeste Werden, nicht die geringste Bewegung im Weltall: ein zielloses Sein ist immer und überall an seinem höchsten Ort.
* * *
Die ungeklärte, unerfüllte Sonderung der Wesen in Eigenwerden, Eigenwillen, Eigengestalt ballt die vielen Wesen zusammen ins Ringen und Leiden der Wirrwelt, gibt der Wirrwelt ihr Schreckensgepräge.
Aber gegen den Notdurft-, Unrecht-, Leiden- und Schwerstand dieser Wirrwelt – gegen die scheinbar allmächtigen Wirrgesetze des Hungers, des Zwanges, der Masse strebt und wirkt der Wille des Eigenwesens und findet in Schönheit, Liebe, Freude, Güte und freier Gemeinschaft die allertiefste Innenbestätigung seines Eigenseins. Daraus fliesst ihm das Frühlingsahnen der Seele, die Willenseinsicht, dass es andere, hehrere Ordnung gibt, als die Wirrgesetze der sogenannten Natur. Sein Wille wird dem Eigenwesen zum Unterpfande, welcher anderen Ordnung das tätige Dasein fähig ist – an dem Werden dieser Ordnung zu wirken wird ihm Lebensinhalt; und grade wenn all die Ungeheuermächte der Massennatur ihn mit Zermalmung bedrohen, erlebt der reife Wille im tiefsten die frohe Ahnung stärkender Mächte, die Glieder jener höheren Welt, der Klarwelt, in die er sich selbst als künftiges Glied einzutreten bestimmt fühlt.
Und diese Bestimmung lässt den Willen, das Werden, das Wirken, lässt alles, was freien Einklang, Freude und Klarheit aufweist, als grade, umweglose Wegweiser hin zu der Klarwelt werten, zu ewigem Jugendlenze.
So wird das Dasein zunächst eine grosse Zerklüftung, über die jedoch hinüber, herüber das Streben und Helfen der Eigenwesen reicht.
* * *
Die tiefe «dualistische» Zwieheit des Daseins erweist sich immer weiter darin, dass innerhalb jeden Daseinstandes sich wiederum Gegensätze einstellen, sich die Wege des Daseinsverlaufes immer erneut verzweigen; nur herrscht zwischen den Unterschieden ein und desselben Urstandes nicht der gewaltige Zwiestand, wie zwischen Urgott und Urchaos.
Der Urgott, Oberhaupt und Ursache der vollkommenen Welt – nicht der Schöpfer der Unvollkommenen – ist in sich selbst die höchste Selbstübereinstimmung; und freie Übereinstimmung, Vieleinigkeit,96 herrscht zwischen ihm und den Kindern des Gottesreiches, herrscht unter allen Wesensstufen innerhalb dieses, den höchsten Gottesgenossen und den erst eben Erlösten, unter den Heiligen und den Frohseligen.
Diesem Gottesreich gegenüber steht als Gegenwesenheit das Urchaos, der Untergrund der unvollkommenen Welt. Aber es steht dem Urgott nicht als Verdoppelung, Wiederholung, als «Zweiter Gott» gegenüber, in ebensolcher Selbstübereinstimung, vielmehr ist es ein wahres, urtiefes, inneres Gegensein – nicht einfach neben der Gottheit, sondern ihr entgegengeartet. Das Urchaos ist Nichtübereinstimmung mit sich selbst, ist innerer Gegensatz, ist die Urzerspaltung: nicht ein Ur-«Böses» – ein Ur-Leid.
Aber die Zwieheit wirkt auch hierin weiter –, gemildert zur Doppelheit. Diese Doppelheit zeigt sich im Doppel-Gegenstreben zu äusserster Selbstzerspaltung –, und wiederum hin zur Selbstbestätigung; zwischen den zwei Gegenpolen des eignen Seins treibt sich das Urchaos umher, als schärfster Gegensatz zum Urgott, in ewig ruhelosem Rhythmus.
Aber aus dem Urchaos entsteht im Augenblicke der Selbstbestätigung je und je eine Urtat, eine Einzelwesenmacht, welche die Tatwesen emporsendet Gott zu suchen.
Und diese zur Gottsuchung entsandten Chaos-Sprossen bilden in ihrem Suchen, Drängen, Ringen und Stocken miteinander die äussere unermessliche Wirrwelt, deren Innenkern das Urchaos ist, unerschöpflich in ewigem Neubeginn neue Urtaten entsendend. So füllen sich aller Einzelerlösung des Einzelwesens ungeachtet immer wieder die Lücken der Wirrwelt, die so als Ganzes erhalten bleibt und nie ein Ende nehmen kann.
Aus diesen Urtaten entsteht in wiederum doppeltem Grade, doch gleichgerichtet, die Vielheit der Wesen als Tatwesen (Aktiden) und als Sehnsuchtswesen (Himeroen). Diese Sehnsuchtswesen übernehmen das eigentliche Werden, Wirken und Wollen und reifen, von der Klarwelt gefördert, zu Kindern des Gottesreiches hinan: mit sich tragen sie die Tatwesen empor, auch sie erlösend, zum Baustoff der Klargestaltung. Unerlöst ergeben diese den Lebensstoff all der strebenden Wesen: gar entartet, überchaotisch, sind sie die Schlackenmasse des toten Stoffes.
Doch diese Gegensätze sind nicht mehr Zwieheit, «Dualismus» im tiefsten Ursinn; sie sind gemilderte Zwieheit, sind Beidheit, «amboistisch» und «polar», wie das die Pole der Erde, die Pole eines Magneten zeigen, von dem Eigengeschehen der Wirrwelt gilt somit, aus dem Grunde des Urdualismus ruhend, «polarer Amboismus». Diese «Sonderbeidheit» zeugt selber einerseits gegen den Einheitswahn, andrerseits für die übergeordnete, wesensgründende Zwieheit.
* * *
Zwischen dem Urgott, als höchstem Wesen der Klarwelt, und dem Urchaos, als tiefstem Abgrund der Wirrwelt, streben und weben und steigen die Einzelwesen empor.
Der Gedanke der Vielheit der Wesensstufen entsprach seit Urzeiten her die Ahnung der Menschheit und wirkte in Gnostizismus, Theosophie und Kabbala so gewaltig.
Aber alle lehrten bisher: aus der Gottheit stiegen entsendet die Wesen hinab, zu immer tieferen Graden bis in den äussersten Abgrund, und dann erst erhoben sie sich wieder zu Gott – falls überhaupt.
Doch damit wurde Gott der Urheber aller Qual, alles Irrtums, alles Bösen, alles Übels – konnte er doch die Wesen in sich behalten, vor Leid und Schuld bewahren, brauchte er sie doch nicht zu entsenden; denn ihm, dem «Allgrund», konnte ein noch so reicher, tiefer Seelengewinn des einzelnen Werdelaufes gar nichts hinzufügen.96a Es wäre also ein müssig teuflisches Spiel des gar nicht wahrhaft gütigen Allwesens.
Erst die klaristische Erkenntnis Elisarions: Eigenwesen sind es, die streben, und über ihnen waltet die göttliche Klarwelt, unter ihnen bleibt die chaotische Wirrwelt – erst und einzig dieser erste vollkommene «Dualismus» der Geistesgeschichte, zugleich als erster vollkommener «Individualismus», bestätigt die tiefe Ahnung des Gnostizismus, der Theosophie aller sehnenden Menschenträume:
1 bestätigt das kraftvolle Eigenstreben des Willens zugleich mit dem höchsten Verehrungs- und Dankesgefühl gegen Gottes klärende Hilfe;
2 bestätigt Freude und Schönheit als ewige Werte:
3 bestätigt den tiefen Entwicklungsgedanken, dessen sich die Naturwissenschaft blind zu bedienen begonnen;
4 bestätigt das tiefe Gemeinschaftsgefühl durch Hinweis auf seine Erfüllung dort in der Klarwelt und« hier als Vorerfüllung in Liebe, in Freundschaft.
So ist er auch der erste vollkommene lebensinnige (wenn auch «perspektivische») Sozialismus und Evolutionismus.
Gerade durch seine Ur-Anerkenntnis der Gegensätze kann der Klarismus die Gegensätze in tiefer Erfassung beheben – zum Einklang weisen, den Willensschwache als All-Einheit vorwegnehmen zu müssen glauben, in ewiger Vorvergangenheit.
Er ist Glaube des Eigenwesens, des Willens, des Reifens, des Wirkens, Gestaltens, der Hilfe, der Freude: aber durch und durch aus dem einzig möglichen Grunde, der wahrhaften Zwieheit von Urgott und Urchaos. Er ist der Glaube, der sich in den Worten von Elisarions «Credo» ausspricht:97
Ich bin aus ewiger Vergangenheit ein Kind des Chaos, allein in ewiger Zukunft ein Kind der Gottheit.
Und damit wird die Klare Kunde zum Herold der Frohen Botschaft Christi, als tiefste Bestätigung alles starken, mutigen, freudigen Lebenswillens, der zu Gott empor strebt.
Nicht Abstiegsreihen, sondern Aufstiegsgrade verbinden die Wirrwelt mit der Klarwelt, kraft des Ursehnens des Chaos und kraft der Geisteshilfe Gottes: so kündet der Klarismus, dieser wahre Gnostizismus des Aufstiegs, diese wahre Theosophie des Eigenwesens, diese wahre Wissenschaft der ewigen Natur, dieses wahre Christentum mitarbeitender Gotteskindschaft.
* * *
In Einzeltatmächten geht das Geschehen vor sich, in dem die tiefe Doppelheit der Wirrwelt Erlösung sucht, aus dem Wesensmuttergrunde der Selbstzerspaltung.
Es ist der einfachklaren, durchdringenden Gliederung der Welterkenntnis und Willensweisung halber nötig, die Wesensstufen fest zu bezeichnen – von den urersten, ahnend erschlossenen Wesenspunkten an, längst vor allem Menschlichen. So sehr nun die Ahnung der Menschheit bisher schon dahin langte und in der Sprache diese Ahnungen niederlegte, so fehlte doch die scharfe, klare Scheidung – wie unbestimmt und umstritten sind «Seele», «Geist», «Stoff»! Um der lebenden Muttersprache nun nicht verkünstelnd Gewalt anzutun, ist die Wahl der Ausdrücke aus einer Fremdsprache günstig, deren Stammworte doch genügend bekannt sind. Was ich «Psychon» nenne entspricht zwar im wesentlichen dem Urbegriff «Seele», aber wollte ich nun die Seelenbestandteile, die ich «Psychiden» nenne, mit «Seeling» bezeichnen, sprachlich durchaus echt, so würde es einstweilen, eh der ganze klaristische Gedankengang sich eingebürgert hat, läppisch erscheinen. Alle die von mir eingeführten Bezeichnungen dieser Art sind nur Namen, keine «abstrakten» Begriffe, so gut als Elektrizität, Radioaktivität, Kohäsion keine Begriffe sind, sondern Namen, die an sich weder etwas sagen noch beweisen, sondern erst im Zusammenhang der Gedanken ihren Wert erhalten.
Die Ausdrücke dieser klaristischen Einsicht können vom Standpunkt bisheriger «Nomenklatur» der Wissenschaft keinen Einwand erfahren, wo es Quanten, Elektrone, Atome, Ionen, Moleküle, Zellen, Zellkerne, Chromosome und zahllose andre unentbehrliche Kennworte gibt.
Ich gebe hier die ganze Namenentwicklung, der ich dann die Wesensdarstellung folgen lasse.
Aus dem Urchaos entsteigt die Urtat, die sich als
1 Tatwesen auswirkt: Aktiven (von actus, die Tat), ihr Wesen ist Drang; ihnen entspriessen
2 Sehnsuchtswesen: Himeroen (von ἲμεοϱς – Sehnsucht); das Wesen des Himeros ist Sehnsucht und Kraft. In ihnen langt der Urdrang des Urchaos aufwärts an die Klarwelt hinan in zweierlei Linie als
3 Protohimeros (in der Tierlinie) und
4 Parahimeros (in der Pflanzenlinie).
Durch den Einfluss der Kraft himeroischer Wesen werden die Aktiden beruhigt-erhoben, je nach dem Tiefengrade der himeroischen Wirkung und der Mitwirkung der Klarwelt in den Himeroen. So ergeben sich:
5 freie Hyperaktiden ( ὑπὲϱ – über)
6 mittelbar verbundene, halbgestillte Himeriden
7 mittelbar verbundene, vollgestillte Psychiden (von ψυχί – Seele)
8 unmittelbar dem himeros vollverbundne Eroiden (von ἔϱως – Liebe).
Durch Rückfall entarten die Himeriden zu:
9freien Kat-aktiden (κατὰ unter), deren Wesen Gier ist.
sie werden durch gegenseitige Scheinhilfe zu:
10 untereinander verbundenen Pseudohimeriden, deren Wesen Gemeinsucht ist.
Der himeroische Einfluss verknüpft die Aktiden und derart entstehen Gruppenbünde, Gefüge, je nach der Stufe verschieden an steigendem Wert. Alle die raumlosen Machtpunkte haben als Namenende die Silbe «ide», mit Ausnahme des Sehnsuchtswesens, des Himeros, dem auch innerlich eine Ausnahmestellung eignet. Alle Raumgefüge dieser raumlosen Machtpunkte enden den Namen auf «on». Es ergeben sich
11die Hyperaktiden, das Dinggefüge Pragmón (von πϱὰγμα – das Ding)
12die Himeriden, das Lebensgefüge Bión (von βίος – das Leben)
13die Psychiden, das Seelengefüge Psychón (von ψυχή – Seele), das
14 Parapsychón (Pflanzenseele) oder
15 Protopspchón (Tierseele) ist.
Dieses entartet zum:
16 Katapspchón oder erhebt sich zum:
17 Hyperpsychon (Menschenseele), reift zum:
18 Idiopsychón (Eigenwesen, von ἴδιος – eigen) und
19 Suberon
20die Eroiden ergeben das Klargefüge Erón (von ἔϱως – Liebe) und und aus dem Eron wird in letzter Vollendung:
21das gotterfüllte Teón (Gottesgenosse von τεός – Gott).
Ohne himeroischen Einfluss, durch gegenseitigen Zusturz der Kataktiden, schliesst sich ein andersgeartetes Raumgefüge an:
22die Pseudohimeriden ergeben das Massengefüge Hylon (von ἵλη – der Stoff), das auch als
23 Biohylon in dem Bion (siehe 12) auftritt.
* * *
I.Wodurch unterscheidet sich also diese klaristische Weltengliederung von den bisherigen?
– Durch den Dualismus (Wirrwelt gegenüber Klarwelt)
– durch den Polyismus (wahrhafte Eigenmächte) durch den Aufstieg die ineinander wirken.
II.Wodurch unterscheidet sich die Eigenmacht von den bisherigen Wesenspunkten (Elektron, Ätherwirbel, Atom)?
adie bisherigen Wesenspunkte sind starre, entwicklungslose, nach gemessner Energie aussenbewegte «mechanische» Wesen;
bdie Eigenmächte dagegen sind drängende, anwachsende, reisende, sich mehrende und vertiefende «metapsychische» Wesen, aussenbewegt infolge inneren Dranges in zunehmender Energie.
III.Wodurch unterscheiden sich die «iden» von den «onen»?
adie «iden» (und so die Himeroen) sind raumlose Tatpunkte;
b die «one» sind Raumgefüge, als solche gestaltet.
IV.Wodurch unterscheidet sich die Aktide von der Eroide?
adie Aktide ist völlig ungestillter Unrastdrang;
bdie Eroide ist völlig gestillt, dem Himeros im Bunde mit andern Eroiden unmittelbar, untrennbar verbunden und derart als Bund das Eron bildend, völlig der Wirrwelt entzogen.
V.Wodurch unterscheidet sich eine Psychide von der Himeride?
aDie Psychide ist eine völlig, obschon mittelbar98 gestillte Kraft, dem Himeron samt ihren Mitpsychiden dauernd, doch mittelbar verbunden, und bildet als Bund das Psychon;
bdie Himeride ist eine mittelbar und vorübergehend gestillte Aktide, mit ihren Mithimeriden dem Himeros als Bion verbunden.
VI.Wodurch unterscheidet sich die Himeride von der Pseudohimeride?
adie Himeride ist eine solche nur dank der Kraft des Himeros, der sie samt ihren Mithimeriden beruhigt und bindet:
bdie Pseudohimeride stürzt aus Entartung, gerade dem Himeros entzogen, antihimeroisch, den andern Pseudohimeriden zu, die Hylone bildend, die toten Stoffgebilde.
VII.In welchen Formen tritt der Himeros auf?
1als einsamer Himeros sein Dasein beginnend, in suchender Kraftentsendung:
2als bionischer Himeros in der Schar der flüchtig und teilweise angegliederten Himeriden;
3als psychonischer Himeros in der Schar der dauernd, obschon mittelbar angegliederten Psychiden;
4als eronischer Himeros (als Eros) in der Schar der dauernd und unmittelbar angegliederten Eroiden;
5als teonischer Eros, als Gottgenosse, in eroidischer Gefügegestaltung.
VIII.Welche Stufen durchläuft der psychonische Himeros?
1als Parahimeros bildet er die parapspchonische Pflanzenseele aus Psychiden in mannigfaltigem Innenrythmus;
2als Protohimeros bildet er die protopsychonische Tierseele ebenfalls aus Psychiden in vielfachem Rhythmus;
3als katapsychonischer Protohimeros bildet er in entartender Erstarrung das Katapsychon, die Abseele;99
4als hyperpspchonischer Protohimeros bildet er aus Psychiden durch Reifung das Hyperpsychon, die Menschenseele, die über der Natur etwas Höheres erahnt, wäre es auch in roher Weise, wie alle götzenfürchtigen Frommen und pflichtsüchtigen Froner.
5als idiopsychonischer Protohimeros bildet er die Persönlichkeit, das Eigenwesen, das sich als ein solches erkennt: z.B. Luther, Nietzsche;
6als suberonischer Protohimeros ist er Suberon, dessen Wesen Liebe und Güte ist und dessen Wille dem Wesen der Wirrwelt entfremdet ist, ob er auch noch leiblich ihrer Notdurft unterliegt; z.B. Franz von Assisi und viele unberühmte «Stille im Lande» grossen Herzens.
IX.Welcher Unterschied ist zwischen der früheren Auffassung der Seele und der klaristischen Einsicht der himeroischen Seele?
adie frühere Auffassung hat selbst drei Stufen: die Seele als lebensgestaltendes Wesen des Leibes, mit Geist begabt – das ist die alt-religiöse; die Seele, dem Geiste gleichgesetzt, als lenkendes Wesen des Leibes – das ist die philosophische; die Seele, dem Geiste gleichgesetzt als blosse Innen-«Funktion» des Leibes – das ist die modern-naturwissenschaftliche.
bdie klaristische Auffassung unterscheidet, wie die erste der früheren dreierlei: Leib, Seele und Geist – die himeroische Seele als bundhaft erweiterten Himerons, rhythmisch gestaltet und selber weiter gestaltend; den Leib als die unvollendete, schwere, starre und dennoch unbeständige wirre Vorgestaltung der Seele (Leib ist nicht mit Gestalt zu verwechseln!); den Geist als das Wesenszeichen des strebenden Himeros, seinen Bundesbildungen je nach Mass ihrer Reife mitübertragen und erst beim eronischen Zustand echter Eigengeist werdend.
Diese Auffassung der Seele als himeroischen Bundes, nicht als Einfach-Wesen, sondern Vielgefüges («Komplex») und zwar eines «monarchisch-zentrierten», widerspricht dem früheren Seelenbegriff. Dieses Gefüge kann «mechanistisch» erscheinen, es ist aber bloss «metamechanisch»: diese Seelen-«Bestandteile» sind derart dynamisch und geistig erfasst, dass vielmehr die sogenannten mechanischen Vorgänge, der Stoff und seine Bewegungen seelisch-willenshaft («metapsychisch») dastehen. Und da die Seele denn doch im Raume an Raumpunkten wirkt und Raumgefüge beeinflusst, im Leibe und allen Leibesbewegungen, muss sie dem stofflich-räumlichen Vielfach-Zustand nicht so wesensfeind gegenüberstehen, wie behauptet wird; selbst wenn die Raumgestalt ein blosser Schein wäre, müsste der Seele die Raumteilbarkeit als «angenommenes Gewand» in der Tiefe des Wesens entsprechen. Man wählt auch seine Verkleidungen eigenbegründet.
Der frühere Seelenbegriff stand dem Raume und seinen Gestaltungen ablehnend gegenüber, geisteserblich belastet von den Irrgängen der Furcht, weil die Raumwelt die Stätte der Qualen oder täuschender Lust war; mit dem Leibe ward der Raum und alle Gestalt verworfen – die Seele musste als raumloses Einfachwesen gelten und büsste schliesslich doch als «komplexe Gehirnfunktion» alle Wesenheit ein, dem Stoff oder der Energie oder dem Nichts das Feld räumend.
Aber der tätige Glaube an Eigenwesen und Einklangswillen erkennt im Raum und seinen Gestaltungen wesenhaft anderes, also ist ihm die Seele in allem Vielgefüge, zwar kein Einfach-, doch ein Einklangswesen, ein unvergängliches Eigenwesen, dessen Werden, Reifen, Gestalten vom Uranfang himeroischen Eigenseins bis hinauf in die Klarwelt den Inhalt des Weltenwerdegangs bilden.
Muss sich jeder in diese klaristischen Fragen vertiefen?
Diese ganze klaristische Auseinandersetzung über Bestand, Werden, Verwirrung und Reifung der Seele, des Leibes, des Stoffes, des Geistes ist überflüssig für den, dessen Wille in klarem Schauen das Ziel seiner Seele, die Eigenerfüllung erkennt: das Gottesreich vor sich sieht und in herzlicher Duldung die Eigenwege der andern Menschen begreift, sie im Eigenstreben und Eigenerleben fördert – für solch einen Zustand des Geistes genügt das schlichterhabne Bekenntnis Elisarions.100
Wer aber neben dem Aufwärtsstreben der Seelen auch die tiefe Entartung im Massengeiste erkannte, muss sich freilich über die Gründe und den weitverzweigten Einfluss des Massengeistes klar werden; grade um die echten Eigenwege zu fördern, muss er die Massenentartung, die Lebensalterung klar bekämpfen, damit in den Seelen die Zukunft der Natur, das Gottesreich werde. Er muss den Alterungswinter der Welt durchschaut haben, um ein heiliger Frühlingsbote zu sein.
* * *
So stellt sich die grosse, grundlegende Weltengliederung dar:
Wirrwelt | Klarwelt | |||||||
Urchaos | Urgott | |||||||
Inneres Chaos | Natur | äusseres Chaos | Gottesreich | |||||
Einzelmächte | Raumgefüge | |||||||
Aktiden 1 | Himeroen 2 | |||||||
(Proto 3 – Para 4) | ||||||||
entartende | aufsteigende | vergängliche | dauernde | |||||
Alterung | Verjüngung | |||||||
Hyperaktiden 5 | = Pragmon 11 | |||||||
Himeriden 6 | = Bion 12 | |||||||
Kataktiden 9 | ||||||||
Pseudohimerid. 10 | = Hylon 22 | |||||||
und Biohylon 23 | ||||||||
Psychiden 7 | Psychon 13 | |||||||
Parapsychon 14 | ||||||||
Protopsychon 15 | ||||||||
Katapsychon 16 | ||||||||
Hyperpsychon 17 | ||||||||
Idopsychon 18 | ||||||||
Suberon 19 | ||||||||
(Frohselige) | (Heilige) | |||||||
Eroiden 8 | = = = = = | Eron 20 | Teon 21 |
▶︎ | ||
◀︎ |
||
Die Verjüngung des Lebens
Klaristische Vorfragen
Klaristische Dynamorhythmik
XVIII Urmächte
XIXDer Pulsschlag des Urwesens
Raum und Zeit
Die Wirrwelt
XX Die Schicksalgeschichte des Stoffes
XXI Die Grundlinien des Lebens
XXII Das Walten des Bewusstseins
XXIII Paarung und Fortpflanzung
XXIV Pflanzentum und Tiertum
XXV Mann und Weib
XXVI Der Sinn der Gestalt
XXVII Das Reifen der Seelen
Die Verjüngung des Lebens, PDF (Auszug)
Seit der Mensch sich seines Seins bewusst ist, lebt in ihm die Vorstellung, dass er ein Leib und eine Seele hat. Ist der Mensch ein dualistisches System?
Was ist die Seele wirklich? Ist sie die Essenz des Lebens oder ein biologischer Code, der im Körper angelegt ist? Warum werden Menschen krank, ohne dass eine organische Ursache vorliegt? Warum schlagen uns unangenehme Dinge auf den Magen? Wo sitzt die Seele und wohin geht sie nach dem Tode? Alle Religionen haben eine Vorstellung, was mit der Seele nach dem Tode passiert.
Die Seele oder Psyche im Sinne von Homers Sprachgebrauch verlässt einen Menschen bei Ohnmacht. Im Tod trennt sie sich vom Körper und begibt sich als dessen schattenhaftes Abbild in die Unterwelt. Demokrit erklärte im Rahmen seiner konsequent materialistischen Weltdeutung die Seele als Zusammenballung von kugelförmigen, glatten Seelenatomen, die sich von den übrigen Atomen durch grössere Beweglichkeit unterscheiden, welche sie ihrer Form und ihrer Kleinheit verdanken.
Aristoteles bezeichnete die Psyche als Seelenkraft, die Vorstellungen erzeugt und denken kann.
Descartes verwarf das traditionelle aristotelische Verständnis der Seele als Lebensprinzip, das Tätigkeiten der Lebewesen wie Ernährung, Bewegung und Sinneswahrnehmung ermöglicht und steuert sowie für die Affekte zuständig ist. Alle Vorgänge, die nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Tieren ablaufen, hielt er für seelenlos und rein mechanisch. Demnach haben die Tiere keine Seele, sondern sind maschinenartig. Die Seele identifizierte er ausschliesslich mit dem Geist, dessen Funktion nur das Denken sei. Nach Descartes' Auffassung hat man streng zwischen der durch ihre räumliche Ausdehnung gekennzeichneten Materie und der ausdehnungslosen denkenden Seele zu unterscheiden. Das denkende Subjekt kann sich nur von seiner eigenen Denktätigkeit unmittelbar Gewissheit verschaffen. Damit kann es einen Ausgangspunkt der Natur- und Welterkenntnis gewinnen. Der Körper, zu dessen Bereich Descartes die irrationalen Lebensakte zählt, ist ein Teil der Materie und lässt sich vollständig im Rahmen der Mechanik erklären, während sich die denkende Seele als immaterielle Entität einer solchen Erklärung entzieht. Die Seele ist für Descartes eine reine, unveränderliche Substanz und daher von Natur aus unsterblich.
Für Hegel ist die Seele kein «fertiges Subjekt», sondern eine Entwicklungsstufe des Geistes.
Und Kant drückte es so aus: «Die Seele ist ein immaterielles Geistwesen mit Bewusstsein und Verstand, das mit anderen Seelen kommunizieren und auch ohne materiellen Körper als reiner Geist existieren kann. Wir sind eine Seele, wir haben, zeitweilig, einen Körper.» Diese Vorstellung entwickelt Kant, der Vertreter des Rationalismus und der Aufklärung, in seiner Transzendentalen Dialektik.
Die Seelenkunde bildet einen wichtigen Bestandteil der von Helena Petrovna Blavatsky begründeten Theosophie sowie der von Rudolf Steiner begründeten Anthroposophie.
Blavatsky ging von einer Dualität des geistigen Menschen aus, der aus einer sterblichen und einer unsterblichen Seele bestehe; die unsterbliche sei göttlicher Natur und mit dem Nous gleichzusetzen. Den Aufenthalt der Seele im Körper betrachtete Blavatsky als Gefangenschaft und Verunreinigung und daher als Übel.
Menschen mit Nahtoderlebnissen berichten von rätselhaften Phänomenen – häufig von einem Tunnel, an dessen Ende Licht erstrahlt. Es gibt anerkannte Physiker, die daraus herleiten: Die Seele gibt es wirklich, und das unsterbliche Bewusstsein ist genauso wie Raum, Zeit, Materie und Energie ein Grundelement der Welt. Das Fundament für die These liefert das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung. Bereits Albert Einstein ist auf diesen seltsamen Effekt gestossen, hat ihn aber als «spukhafte Fernwirkung» zu den Akten gelegt. Erst in jüngerer Zeit hat unter anderen Anton Zeilinger den experimentellen Nachweis dafür geliefert, dass dieser Effekt in der Realität existiert.
Darum gibt es Physiker, welche die Theorie vertreten: Der Dualismus kleinster Teilchen sei nicht auf die subatomare Welt beschränkt, sondern sei vielmehr allgegenwärtig und es gebe ein paralleles Universum, das aber keine Spiegelung sondern etwas anderes sei. Die alten Vorstellungen von Himmel und Hölle, ebenfalls Parallelwelten, bekommen so eine mögliche physikalische Dimension. Auch der Dualismus zwischen Körper und Seele sei ebenso real wie der Welle-Teile-Dualismus. Es existiere ein universeller Quantencode, in den die gesamte lebende und tote Materie eingebunden sei. Dieser Quantencode habe sich seit dem Urknall über den gesamten Kosmos (Universum) erstreckt. Oder anders ausgedrückt: «Die Eigenschaften des Geistigen entsprechen haargenau denjenigen Charakteristika, welche die äusserst rätselhaften und wunderlichen Erscheinungen der Quantenwelt auszeichnen.»