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Zukunft der Natur, Teil II

Klaristische Vorfragen

Klaristische Logik

Es ist eine alte und heute mehr als jemals beliebte Glaubens­leh­re der Wissenschaft: alles Bewusstsein beruhe auf Einheits­stre­ben, ziele auf Tilgung jeglicher Sonderheit:

als tiefste Denkform erscheine daher die Allgemeinheit in sonderungsloser, eigenschaftsloser Einheit;

als denkwidrig sei hingegen alle Sonderung abzuweisen, zumal alle Zwieheit, der «Dualismus», und auch die Doppelwesenheit (die sich als «Amboismus» bezeichnen liesse) – Zwiespalt wie Einklang wären nur Täuschung.

Aber in Wirklichkeit, Wirkung und Inhalt strebt das Be­wusst­sein gar nicht zur Einheit, sondern zur Einordnung. Die Son­der­heiten, die diese voraussetzt, büssen dabei, aufeinander bezogen, durchaus nicht das eigene Dasein ein, als wäre dies bloss ein Irrstand; sie bleiben als solche, was sie sind. Das Bewusstsein hebt sie keineswegs auf, es hebt vielmehr eines durchs andre empor; es «erlöst» sie nicht durch Beseitigung, sondern durch Verknüpfung.

Alles Bewusstsein ist nur Beziehung, und zwar entweder Einbeziehung (äusseres Bewusstseins oder Rückbeziehung (Selbstbewusstsein): in jenem bezieht das «Ich» die von ihm unabhängigen Dinge in sich hinein; im Selbstbewusstsein bezieht es das äussre Geschehen, wie von ihm veranlasst, auf sich zurück. Bewusstsein ist Eigenwertung am aussereigenen Dasein, des tätigen Ich am Nichtich.

Nur wo «Beziehung» gegeben ist, hat Bewusstsein auch Inhalt; Beziehung ist aber nichts ohne Zwie- oder Doppel­da­sein. Die echteste Denkform ist grade die Zwie- und Doppel­heit; sie selber schon ist in Form und Gegenform da, in tren­nen­der Zwieheit oder einender Doppelheit: so in Spaltung und Fügung, in Zwietracht und Eintracht, in Zweifel und Einsicht, in Unlust und Lust.

Wäre das ganze Sein in einem all-einzigen Wesen be­schlos­sen, so gäbe es, wie kein Geschehen93a, so überhaupt kein Bewusstsein. Möglich­keit des Bewusstseins und Mög­lich­keit des Geschehens sind somit engstens verknüpft im Welten­zwie­grund: hier, und nicht in der Einzelwahrnehmung des Einzelgeschehens liegt der Wahrheitskern des «trans­zen­den­ta­len Idealismus» Schopenhauers.93b So ist das Bewusstsein der erste und tiefste Einwand wider allen «Monismus». Was sich so unklar «Einheit» nennt, ist der ungeläuterte Wunsch nach Einklang, und «Allgemeinheit» ist ein übertriebenes Wort für Gemeinschaft, für All-Gemeinsamkeit.

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Andrerseits liegt in aller Zwieheit, wie Doppelheit zwei­fel­los Ineinanderbeziehung vor, und alle Beziehung geht freilich darauf, die Sonderung umzuwandeln. So wertet alles Be­wusst­sein das wirklich gesonderte Dasein nur am Gemeinsamkeits­gra­de, am ungenügenden oder genügenden Einklang, in Miss- oder Wohlbehagen; es misst das eine Dasein am andern, zu­nächst jedes einzelne Dasein am Ich und dann die einzelnen Ich­beziehungen unter einander; es prüft die Einordnungsstufe der unverlierbar eigenen Wesen, für sich und von sich aus.

Diese Einordnung fliesst aber nur aus erstrebter oder er­reichter Wirkungsgemeinschaft.

An Wirkungsgemeinschaft entflammt sich das Be­wusst­sein, und so beweist es sich eng verbunden der tätigen Da­seins­ge­staltung, die auch nur Gemeinschaft unverlorener Einzel­mäch­te erstrebt. Bewusstsein und Gestaltung bezeugen sich im­mer­fort als die beiden Formen der wirkenden Tat, als Wille und Leistung im strömenden Ungeschehen: als Mas­sen­sinn und Vermassung in seiner Entartung – als Freude und Schön­heit in seiner Erfüllung.

Von hier aus wird das bewusste Dasein in seiner ewigen Weltbedeutung klar: als Wesen der Klarwelt, als Wirkung Gottes, mittels derer er in das zweite, unvollkommene Dasein greift und Gestaltung in Einklang reift. Die göttliche Arbeit am Chaos begreift sich gerade als Einklangswirkung; die Gottheit, ihrer Selbst am Gegendasein des Chaos in Ewigkeit klar, strömt ihre Wesenskraft, ihre Liebesmacht stetig hinaus, Segen und Einklang zu stiften, Klarheit und Freude zu bringen.

Einordnung der Sonderwesen zu göttlich klarer freier Gemeinschaft ist das Wesen des tätigen Geistes – des Geistes Gottes und so auch der Gotteskinder.

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Aus diesem Wesenszuge: der Einordnung zweifältigen Daseins stammt auch in aller Bewusstseinsentwicklung wiederum eine Doppellinie.

Einerseits heisst es: weiteste Vielart, breiteste Daseins­fül­le und Mannigfaltigkeit suchen; andrerseits doch nach Gemein­sam­keit, nach Verbindungslinien spähn, um diese auf einen mit­telsten Punkt, auf den tätigen Geist zurückzubeziehen –, Zu­sam­menhänge heisst es entdecken, als deren innerer Be­zieh­ungs­punkt sich das empfindende Einzelwesen regt.

Dieses wesenhafte Streben des Geistes, die Dinge mit sich und untereinander frei zu verknüpfen – dies stete Suchen, alle Vorgänge, die zwischen den Dingen und ihm sich abspielen, nun als Wertstufen seines eignen Daseins zu fassen – dies fein­ste und reichste Messen und Wählen der willenstätigen Seele: das findet nur allzuleicht eine arge Entartung.

Wo die bildungswillige, zukunftsfreudige Tatkraft stockt und ihr Streben zur Mehrung des Daseins schwindet – wo die Selbstverantwortung eigenmutigen Willens versiegt und be­que­me Gemeinsucht wuchert – da tritt die entartende Täu­sch­ung ein, der Wahn: das Bewusstsein sei wesentlich angelegt und bestimmt, alle Einzelfülle und Vielart in Allgemeinheit und Ein­heit aufzulösen.

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Zu diesem Wunschwahn fand sich die – scheinbare Waffe im Denkgerüste der «Logik».

Prüfend betrachtet tut sich jedoch in den Regeln wirk­li­chen Denkens durchaus nicht «monistische» Einheits­ver­wi­sch­ung dar, und keineswegs leiten sie, sachlich gehandhabt, zum Unwert des Einzelseins hin, wie allzupersönliche Wünsche der Unpersönlichen eifrig behaupten. In aller Kühle des so­ge­nann­ten wissenschaftlichen «objektiven» Denkens beweist sich doch noch der starke Lebensodem der Eigenwesenheit. Freilich ist sie schon merklich geschwächt, spielt mit sich selbst Versteck, und so ist in der Aufstellung all der Denkregeln alles getan, um das Leben zu dämpfen und über aller Einzelvielart einzig die Allgemeinheit als wahres Dasein gelten zu lassen.

Die Spiegelfechterei ist dennoch leicht zu durchschauen.

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Das Rüstzeug des Denkens sind Urteile, Schlüsse, Begriffe.

Ausgang des wirklichen Denkens sind immer die Urteile (freilich nur allzu häufig Vorurteile). Ausgefolgerte Urteile werden zu Schlüssen, angedeutete Urteile sind Begriffe.

Um das Urteil dreht sich das Wesen der Denkregelung.

Nun: ein jedes Urteil ist eine Aussage, ob sie nun Innen- oder Aussenzuständen gilt, in eigenpersönlich empfundener Einbeziehung; sie kann bestimmter oder unbestimmter Art sein.

«Ich lebe» – «ich schlafe» – «er denkt» bezieht einen Zustand oder Vorgang auf einen tragenden, stetigen Punkt, das sogenannte «Subjekt»: ein übrigens sinnlos scholastischer Aus­druck, das «Unter­worf­ne», nämlich dem Urteil Unter­worf­ne, als war es ein Angeklagter, ein unterworfenes Ding, wo doch in Wahrheit ein «Agens», ein wirkendes Wesen vorliegt, in Tä­tig­keit wirkend (handelnd) oder doch in Empfindung wirkend (leidend). Der Ausdruck «Urteil» selbst entstammt der Ge­richts­spra­che94 und zeigt die starke gemein-rechtliche An­mass­ung dem Einzelnen gegenüber, das nur als hörig und unter­wor­fen erscheint.

«Es regnet» – «es klopft» bezeichnet auch, als Inhalt der Wahrnehmung, äussere Vorgänge einbezogen aus Wesen, die sie empfinden: nicht um ein bares Geschehen als solches geht es, sondern darum, dass solches Geschehen nun Wahrnehmung wurde. Ein Wirkungsaustausch von zweifachem Sein liegt vor, sonst würde die äussere Erscheinung bei allem Dasein nimmer «gewertet». Empfindung ist eine Wertung.

Und wievielmehr! ergibt sich das bei allen weiteren, le­bens­mäs­sigen Urteilen. Überflüssig schiene es, noch darüber zu reden, wenn nicht der Grundpunkt, die Sonderwesenheit, so im Streng-Gedanklichen, wie im Tätig-Täglichen immer ge­leug­net würde, in Weltanschauung wie Lebensführung.

Freilich hat sich das schulmässige Denken künstliche Ur­teils­ta­feln erklügelt, in Zwölfzahl. In viermal dreifacher Grup­pe, nach «Quantität», «Qualität», «Relation» und «Modalität» bewertet, stehen sie da: in Einzahl, Vielzahl und Allzahl («sin­gu­la­re», «partikulare» und «totale») – bejahend, ver­nei­gend und unbestimmt («affirmativ», «negativ», «limitiert») – un­be­dingt, bedingt) und unentschieden («kategorisch», «hypo­the­tisch», «disjunktiv») – wirklich, notwendig und möglich («as­ser­torisch», «apodiktisch», «problematisch»).

Beim wirklichen Urteil im wirklichen Leben sind dieser Urteilsformen nur drei.

Ob ich nun «partikular» sage: «einige Menschen sind klug» oder «problematisch»: «die Menschen können klug sein» oder «disjunktiv»: «die Menschen sind entweder klug oder dumm» ist sachlich kein Unterschied. Zwischen dem «totalen» Urteil: «alle Menschen sind sterblich», dem «apodiktischen»: «die Menschen müssen sterben», und dem «hypothetischen»: «wenn du ein Mensch bist, so stirbst du» besteht ebenfalls sachliche Übereinstimmung. Endlich ist ein solches Urteil, wie etwa: «die Mutter liebt das Kind» zugleich «singulär», «ka­te­go­risch» und «assertorisch».

Neben die bare Aussage treten bedingte und unbedingte Urteile: das ist alles.

Da nun ein unbedingtes Urteil sich höchstens auf das be­zie­hen kann, was bereits abgeschlossen, entzogen der weiteren Wirklichkeit ist, mit andern Worten: vergangen, so gelten die allgemeinen, die zwingenden und die nur scheinbar, in Auf­schub bedingten «hypothetischen» Urteile, die alle bindend ent­scheiden, eigentlich nur der Vergangenheit. Sie sind Erfah­rungs­ur­teile.

Widersinnig (wie oft auch von ungeschulten wie hoch­ge­schul­ten Menschen begangen!) war es, sie je vom Zukunfts­ge­sche­hen zu fällen. Der Zukunft entspricht allein das bedingte, teilweise Urteil, das Ahnungsurteil.

Der Gegenwart aber gilt das bare Einzelurteil (umfasste es auch eine zahlenbestimmte Gruppe) – als wertender Ausdruck wirklicher Vorgänge: dies ist das Wahrnehmungsurteil; hierher gehören auch die geschichtlich berichtenden Aussagen, da sie, obschon aus entferntem Zeitpunkt bezogen, ein ganz be­stimm­tes Ereignis in «perspektivischer» Gegenwart melden, auf gleich­zeitigen Urkunden fussend.

«Dieses geschieht jetzt» – «das wird einstens vielleicht zum Teil geschehen» – «jenes hat ehemals geschehen müs­sen»: so lauten in Wahrnehmung, Ahnung, Erfahrung die drei wirklichen Urformen jeglichen Urteilens.

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Selbst der Unterschied von bejahenden und verneinenden Ur­tei­len ist in diesem Sinne hinfällig. «Dieses wird nicht ge­sche­hen» ist lebensmässig gesprochen ein unsinnig leer ver­mes­se­ner Satz. Freilich beruhen alle Entwicklungsschranken, die laut im Namen der sogenannten Naturgesetze, halber Erfahrungen ausgerufen werden, gerade aus solchem Widersinn; noch un­längst hiess es ja allgemein, es werde nie ein lenkbares Flug­zeug erfunden werden!

Und selbst ein barer Gegenwartsatz in Verneinung der – Gegenwart ist wesentlich nur ein vermummter Ver­gan­gen­heits­satz. Die Gegenwart ist als solche immer bejahend, und nur aus Erfahrungsvergleich mit Früherem können Erinnerung und Erwartung den Neinspruch fällen. «Ich schlafe nicht», heisst eigentlich: «jener frühere schon bekannte Zustand des Schla­fens fehlt». Denn nur von Wirklichem, Dagewesenem, in Nach­er­in­ne­rung noch Weiterwirkendem lässt sich der Ge­gen­warts­man­gel behaupten. «Der Hund hat keine Flügel», soll heissen: «Das Bild der Flügel, das früher mein Auge erregte, ist hier im Gegenwartsbilde des Hundes vergangen».

So zeigt es sich, dass einzig auf gegebenen Beziehungen, sei es vergangenen, gegenwärtigen oder zukünftigen, sachlich die Form des Denkens beruht. Bloss aus sprachlichen Au­gen­blicks­umständen, all der Fülle der mög­li­chen Neben­be­zieh­un­gen treten die Grundformen gar so vielartig auf.

Nicht eine Unterordnung, nicht starre Regelung gilt hier – sondern Lebensbeziehungen walten, die den geistigen Ei­gen­mit­tel­punkt mannigfaltigst mit dem Verlauf der Dinge ver­knüp­fen. «Denken» heisst nichts anderes, als im Wirrwarr der Sonderdinge ein Netz von Austauschbeziehungen suchen; und wenn das Denken von starkem Willen getragen wird, finden sich auch die Austauschbeziehungen, mächtige Wegweiser ei­gen­persönlicher Lebensgestaltung: denn wo sie noch fehlen, da sucht sie der Wille zu schaffen – so wird er gestaltend.

Freilich ist bei jenen, die ihren eignen Lebenspunkt ein­gebüsst, nur ein höriges, hohles Denken vorhanden, das un­le­ben­dig nach alter, vergangenheitsstarrer Zwangsgesetzlichkeit sucht, als seinem Rückhalt und Inhalt und sich am liebsten ins All-Nichts verabschiedet: das ist der Ursprung des so­ge­nann­ten «Monismus», der Einerleiheit.

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Auf Urteile folgen Schlüsse. Aus Obersatz und Untersatz («Ma­jor» und «Minor», dem «übergeordneten» All­ge­mein­ur­teil und dem «untergeordneten» Einzelurteil) ergibt sich die Folge. Aber da herrschen erst recht Beziehungen, Doppel- und Viel­fach­bestände des Daseins, zwischen denen Gemeinsamkeit ein­tritt, ohne dass dadurch der Einzelpunkt schwände.

Freilich gibt es im Denken ein starkes Bestreben, alle Beziehungen nur als Unterordnung zu fassen, sie rückwärts zu suchen und so von jedem ordnenden Eigenpunkte weg zu den sogenannten Grundsätzen, vorbestimmender Allgemeinheit hinzugelangen.

Alles Einzelne soll als hörige Folge und schwacher Bruch­teil von Mindereinzelnem abhängen; jeder mindereinzelne Grund wird seinerseits rückwärts begründet in wieder ge­min­der­ter Einzelheit, und so fort bis die Einzelheit schwindet, die Eigenheit aufhört, die Wirksamkeit stockt und die Wirklichkeit leeres Gerede geworden ist. Die Werte schaffende mutvolle Eigenpersönlichkeit gilt zunächst als Teil und Folge der Sippe, die Sippe ist Teil und Folge des Stammes, der Stamm ist der Rasse, die Rasse der Menschheit untergeordnet, und diese ge­hört zu den Säugetieren, diese gehören den Wirbeltieren, diese den vielzelligen Lebewesen an, die ihrerseits nun als Zel­len­ge­bil­de den andern chemischen Gruppen, dem stofflichen Körper im allgemeinen zugehören; die Körper bilden zusammen mit allen Krafterscheinungen auch nur Teile des räumlichen Da­seins und dieses mitsamt dem geistigen hängt vom «Sein», dem all- und nichtssagenden ab. So will es willensentartetes Denken.

Diese Entartung ergibt sich bei übermässig und zwanghaft entwickeltem, fast zur Gemeinsucht gewordenem All­ge­mein­sinn – da, wo die Tatkraft enteignet und bar ver­äus­ser­licht wurde, zu blossem Erhaltungsbetriebe im Gleise des Vor­her­ge­sche­he­nen bestimmt.

Dennoch bleibt noch die äussere Tätigkeit immer per­sön­lich, von Sonderwesen geleistet; doch bildet die Ei­gen­we­sen­heit, eigener Ziele beraubt, sich zum Eigensinn um, dem Zerr­bild des Willens. Solcher barer Eigensinn schafft sich in un­ver­ant­wort­lich allgemeiner Form einen teilweisen Einzelrückhalt; er schafft sich Denkgebilde, versteinerte Wegweiser, schafft sich Begriffe.94a

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Begriffe sind nur dem Wortlaute nach von All­ge­mein­be­deu­tung; in Wahrheit sind sie Ausdruck von Eigen­er­leb­nis­sen, deren Erlebensgefühl jedoch erstarrt und erloschen ist. Schein­bar unpersönlich werden sie demütig nun als allgültig dar­ge­bo­ten und so dem allgemeinen Denkverkehr untergeschoben. Ihr Wert als halben Rückhalts des Eigenwillens beruht auf der sprach­li­chen Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit, die als schüt­zen­de Farblosigkeit dient, als «Mimikry», in Anpassung an Um­welt und Umstände. Wahrlich, es gibt nicht bloss einen «Streit um Worte», wo beide Gegner im Grunde dasselbe mei­nen und wollen, nur andere Sprachen sprechen, gleich Em­pfin­dungs­ge­nos­sen, die feindlichen Staaten angehören und ir­ri­ger­wei­se als Feinde erscheinen; es gibt noch öfter den «faulen Frieden in Worten», wo scheinbare Eintracht besteht, obschon die Einzelnen ganz Entgegengesetztes wollen und denken, doch eint sie ein blosser Wortlaut, wie Staatsgenossen, die innerlich wesensfeind, nach aussen als einig erscheinen. Mit nichts wird soviel gelogen, als mit den aufgeblasenen Begriffen «Wahr­heit», «Sittlichkeit», «Staat», «Natur», «Einheit», «All­ge­mein­heit»; wenn Jeder mit greifbarer Deutlichkeit sagen müsste, was er für sich darunter erstrebt, so käme die ganze Willens­man­nig­fal­tig­keit grellstens hervor. Und Jeder müsste mit Ei­gen­mut seine Willensstellung behaupten.

Die Furcht vor Eigenverantwortung schuf den Begriff – diese kurze nützliche Anweisung auf die Erinnerung – zum Wert des Gemeindenkens um.

Mit Denkzwang werden die lebenswidrigsten Regeln ge­zo­gen, die lebensfremdesten Grundsätze ausgeklügelt. Ganz wie der eingemeindete Einzelne halt- und hoheitslos wurde, ent­lehnt der Begriff nach Wunsch und Schein sein Dasein und Recht von immer leereren, vorgeblich «früheren» Ober­be­grif­fen, den «Vorgesetzten» des Denkens, «Behörden» des Geistes.

Die Lebensentwicklung geht freilich zunächst dahin, dem Einzelnen vollere Eigenbetätigung auf dem gesicherten Boden gegenseitigen Schutzes zu schaffen, und so vollzieht sich der sprachliche Gang von nützlichen Gruppenzeichen des Aus­tauschs zu selbstbesinnlichen Eigenzeichen, von Sammel­wor­ten zu Eigenworten. Dann aber, wie die hungerbedingte Ein­gemeindung in götzenfürchtigem Wahne den Einzelnen stetig verfronte, bilden sich die Eigenworte sprachlich zurück: zum Begriffe.

Diese Rückbewegung liegt also, neben dem äusserlichen Nutzgeist, tiefstens im Wesen aller Begriffe, und solcher Scha­den kann einzig dann beseitigt werden, wenn eigentätiger Wille sich Zukunftswaffen gedanklich schmiedet und mit Begriffen den starren Begriffswahn auf eignem Felde besiegt; doch sogar in der besten Form verbleibt der Begriff ein Gegengift. Nun gar im vergangenheitshörigen Denken!, da fordern sie Re­gel­ungs­rechte, bewilligen namens vorgeblich allgemeiner Einzel­hö­rig­keit jedem Einzelgeschehen nur Brocken- und Bruch­teil­ei­gen­schaft, streben dahin, äussere Schranken und Grenzen zu setzen – als lauter Beamte des eingemeindeten Sprach- und Denkgeistes.

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Dieses Rücklaufstreben des willensentarteten Denkens ist frei­lich von doppeltem inneren Widerspruch durchsetzt. Darum erreicht es sein doppeltes Ziel auch niemals: weder erlangt es die Gültigkeit allgemeinster Zustimmung, gar so heissersehnt! die laut seinem Aus- und Anspruch eigentlich grade das einzig mögliche Denkergebnis sein sollte; noch erzwingt es die hörige Fügsamkeit all der Menschen, die dennoch dazu angeblich «denknotwendig» bestimmt sind.

Der erste Widerspruch ist: dass, wie gesagt, die Begriffler selbst durchaus nicht einig über den Inhalt ihrer Begriffe sind; und nicht einmal sind sie klar, woher diese denkwidrige und gar so lebenswirkliche Uneinigkeit stammt.

Sie stammt aus dem Wesen ihrer Begriffsbildung. Diese sucht und deckt ja keineswegs echt lebendigen Austausch der Wesen und Dinge auf; und ebensowenig knüpft sie etwa zwi­schen unverkürzten Lebensmächten bereichernden Einklang. Vielmehr merzt diese Begriffssucht alle besonderen, also gera­de wirklichen, lebens- und wesenskräftigen Eigenzeichen der Einzelerscheinungen aus, verblutet diese, verarmt sie, und macht sie schrumpfen. So passen sie, wesensverstümmelt, schliesslich mit andern Stummeln und Krüppeln zusammen, wär es auch nur im Wortlaut.

Jeder Begriffler – so nenne ich den, der nicht ein Werk­zeug, sondern Wesensmacht im Begriffe begreift – vollzieht die begriffliche Wesensverstümmelung nur nach seinem Belieben, nach dem was ihm persönlich minder wesentlich dünkt, weil seine Lebensrichtung gerade anders wohin weist. So ergeben sich unter gleichem Begriffslaut, gleicher Wortbezeichnung dennoch verschiedne, unklar-eigne Inhalte. So vermag nun je­der, durch Scheinübereinstimmung völlig gedeckt, in Nicht­über­einstimmung, seinen Mitbegrifflern zum Trotz, im Dun­kel­ge­heimen die ganz persönlichen Wunschfolgen zu spulen und eigne Oberbegriffe auszuklügeln, scheinbar in völliger All­ge­mein­heit und Uneigenheit, scheinbar sachlich und nicht per­sön­lich. Und ist doch einzig nur eine zur Sache gewordene Per­son, die ihre Notdürfte allen zur Lebensregel aufdrängt.

Wieviele reden nicht täglich vom «Baum»! Doch sollten sie ihn erschöpfend, genau beschreiben, so gäben Förster, Bo­ta­ni­ker, Holzhändler, Obstzüchter, Landschaftsmaler, Spazier­gän­ger jeder ein anders Verzeichnis der Wesensmerkmale, nur im Alleroberflächlichsten einig. Und das ist ein greifbares Ding. Handelt es sich nun aber um solche Werte, wie etwa «Tugend», so werden der Krieger, der Mönch, der Familienvater jeder was anderes meinen, der Monarchist, der Republikaner, der So­zia­list jeder was anderes, der Mensch des einen Volkes und einer Zeit verschiednes von denen der andern Völker und Zeiten: einig zwar darin, dass «Tugend» bedeutet das Gemeingedeihen zu fördern, gehen sie doch ganz auseinander in Wertung der wirklichen einzelnen Tat, denn verschieden sind für jeden Ge­mein­kreis die Aufgaben, Ziele, Bedingungen, tugendwidrig oder tugendgemäss kann dieselbe Handlung sein, je nach dem einzelnen Kreise. So klafft die begriffliche Einigkeit aus­ei­nan­der – im Leben. Und täuschender Schein vergiftet das Eigen­wollen.

Und nun erst die «Einheit», von der die Meisten reden! Einig im Schlagwort, einig in Willensentartung zerfallen sie feind­lich, sobald diese Einheit auch Eigenschaften, Wirkung und Wesen besitzen soll: nach sondereignen Bedingungen sucht ein jeder die Einheit, im Geist oder Willen, im Un­be­wuss­ten, in Kraft, in Stoff, in Äther und jede dieser Be­zeich­nun­gen gestattet sehr verschiedene Nähererklärung.94b Und dennoch finden die Gegner, im Schutze des einen Feld­ge­schreis, sich zusammen in ihrem gemeinsamen Triebe: das mannigfaltige Leben zu leugnen, obschon es dem Monisten Hinz kaum behagen würde, wenn die Wünsche des Mit­mo­nis­ten Kunz das Leben zwingend beschneiden.

Abgesehen von solcher erschlichenen Sachlichkeit sündigt das Verfahren der Bildung von Zwangsbegriffen völlig wider die eigene Denkregel. Diese verbietet aus teilweisen Urteilen, wie ein jedes Erfahrungsurteil es ist, allgemeine Schlüsse zu ziehen (in Schulsprache heisst das: «partikulare» Urteile dür­fen nicht «universal» «invertiert» werden). Aber in Wahrheit werden Begriffe dadurch gewonnen, dass einige Teilmerkmale der einen Erscheinung, durch Nichtbeachtung der übrigen Ei­gen­schaften, als Wesenskennzeichen ausgerufen, schlankweg als Bindeglied, gemeinsam entscheidende Obheit auch allen andern Erscheinungen auferlegt werden, die sie zwar auch besitzen, doch wirklich nur in lebendigem Wesensgefüge mit an­de­ren, sondereigenen Zügen, die aber ebenfalls nicht­be­ach­tet werden. Die uneigenen Merkmale dienen dazu, viele Er­schei­nun­gen aneinander zu ketten, und allen solche For­de­rung aufzuerlegen, die grade einer vielleicht, doch meistens keiner entspricht. Mode, Sitte, Gesetze, Vorurteile, Bräuche, öf­fent­liche Meinungen und Lügen ziehen daraus ihr knech­ten­des Da­sein; was dem Einen entspricht, soll Allen entsprechen, bloss weil sie auch zwei Beine haben.

Die rückwärtsstrebende bare Begriffsbildung folgt in Wahr­heit stets dem Banner-Satze der allgemeinen Gleichheit: «alle Gänse haben zwei Beine – also: wer die zwei Beine hat, ist eine Gans».

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Diesem ersten Widerspruch, der bloss verheuchelten Viel­deu­tig­keit aller Begriffe, gesellt sich der zweite zu: dass das Ein­zel­ne –, bloss als Bruchteil und Folge der Urgründe geltend ge­las­sen – niemals mehr als sein Grund enthalten könnte.

Und dennoch bedeutet ein jedes Sondermerkmal schon mehr, als der merkmalslose Oberbegriff. Das blosse «Sein» ist ärmer, leerer und minder, als «geistiges» oder «räumliches» Sein, denn jenes –, enthält es auch angeblich alles – bleibt unentschieden und tatenlos, eh nicht das Sondermerkmal in Geltung tritt. Das «räumliche Sein» ist ärmer und toter, als «Kraft» oder «Stoff», der «Stoff» ist an näherer Wirkung we­nig, solange er nicht entweder als «anorganisch» oder «or­ga­nisch» bestimmt ist. Und chemisch eigengenau; ein Lebewesen ist erst eine blosse Möglichkeit, eh es nicht Tier oder Pflanze oder ein Grenzgeschöpf zwischen beiden ist. Erst im wirkenden Einzelgebilde, gegebnen Einzelbünden oder eignen Son­der­we­sen ist das wirkliche, reiche Sein vorhanden.

So stimmt diese Denkregel schon gedanklich durchaus nicht. Und gar in Wirklichkeit sehn wir die Einzelwesen sogar einer begrifflichen Gruppe, obschon sie angeblich glei­cher­wei­se bloss vom gemeinsamen Grunde stammen, ge­gen­ei­nan­der treten und wirken, gegen die schönst erklügelten Obersätze und Gründe «verstossen». Im Gegensatz zur angeblichen Ober­hoheit des Allgemeinen, Zeitlosen, Ewigvergangenen, die jedem Einzelwesen sein Scheinmass an wirkendem Dasein ver­leihe, erstreben und leisten in tätigem Leben die Einzelwesen ununterbrochen Mehrung über den Vorzustand hinaus; sogar die Vergangenheitssüchtigen, Allgemeinheitsüchtigen wollen in ihrem Sinne das Dasein mehren, den – ihrem Empfinden nach höheren – Zustand erreichen, über das Schon-Erreichte, ihnen nicht Genügende weit hinaus. So widersprechen sie ihrem ei­ge­nen Wahne. Und erst die Eigenmutigen, Zukunftswilligen wi­der­legen stetig die Lüge des Lebensstillstands ewig ge­mes­se­nen Daseinspegels.

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Von jeder Seite erwogen erweist sich der Wahn des Be­griff­zwan­ges in seinem «monistischen» Sinne als lebenswidrig, als blosse Entartungserscheinung, die dritte im Bunde von Schwer­kraft und Sittenzwang.

Hinfällig wird bei jeder ernstlichen Prüfung die laute Be­haup­tung, auf Einheit in Allgemeinheit wär das Bewusstsein gerichtet und alle Erkenntnis der Zwie- und Doppelwirklichkeit laufe dem Denkbedürfnis zuwider.

Es ist nur ein willensschwächliches, rückgratloses Denken, das All-Enteignung statt Eigen-Einordnung fordert. Das wil­lens­kräf­tige Denken, auf Lebensgestaltung gerichtet, erkennt gerade die Daseinsspannungen, allen Vielfachzustand der Wirk­lichkeit, deren es Herr zu werden berufen ist, nicht in Ver­nich­tung der Sonderheit, nein! in beruhigend tätiger Frei-Ord­nung, in Wohlgefüge und Form. Und wendet es wohl Begriffe an, so sind es niemals mehr als Gerüste des wirklichen Lebens.

Die klare Denknotwendigkeit fordert gerade die Zwieheit vollkommner und unvollkommener Welt und innerhalb ihrer die Vielart eigener Wesenmächte (klaristisch-dualistischer Poly­ismus).

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Und diese denknotwendige Zwieheit des Daseins durchdringt noch in weiterem Mass die Erkenntnis.

Doppelt und zwiespältig, einig zweifach und uneinig zwei­fach kennt sich der Mensch: als strebenden Willen und als be­wegten Körper im Raum, als Innenleben und Aussensein.

Soll er die Vorgänge all des Daseins begreifen, erkennen, erleben, sie klar überschauen, so ist es unvermeidlich, sie zwei­fach zu werten: als sich (in Trennung und Spaltung) ver­än­dern­de Ortsbeziehungen, denen jedoch innere Strebungen tiefstens zugrunde liegen, die grade notwendig aus sich hinaus wirken und Austauschgemeinschaften schaffen, in Einklang und Fü­gung.

So muss eine Vollerklärung zugleich «mechanistisch» und «metapsychisch», bewegungshaft und seelenhaft sein, das Aus­einander und Zueinander werten. Die «Mechanistik» allein gibt wohl die tätige Nutzanwendung des äusseren Geschehens, doch lässt es den Sinn ziellos, fremd und tot vor dem Le­bens­wil­len stehen; die «Metapsychik» allein eröffnet wohl einen weiten Kreis von Lebensmächten ringsum, aber gibt dem Wil­len nicht den Gebrauch seiner äusseren Werkzeuge. War in den götzenfürchtigen Zeiten diese «Metapsychik» beinah al­lein­gül­tig, so ist es heute die «Mechanistik».

Das mächtig durch Menschenmehrung sich dehnende Ar­beitsleben, das hungerstillend den Boden der Erde durch­schürft und Güter, Waren erzeugt, im Verkehr sie rund um die Erde sendet, hat sich mit Stoff und Massen zu plagen, muss Körperbewegungen ausnutzen, Gegenstände hierin und dorthin befördern, die menschlichen Muskeln in Anspruch nehmen.

So musste es kommen, dass alle Forschungen, die der Um­welt neue Nahrungsquellen «chemisch-technisch» ent­rin­gen wollten, wesentlich nur das eine sahen und werteten? raum­er­fül­le­nde, widerstandsleistende Massen in Orts­ver­än­de­rung, ob die Masse nun wägbare Stoffe oder die unermesslich kleinen Urgebilde der Körperatome oder sogar der Ätherwirbel sind, ob es um Sonnenmassen im Weltraum oder um menschliche Mas­sen des Allgemeinlebens geht.

Auf solche «mechanistische» bar bewegungshafte Mas­sen­vorgänge suchte die neue Forschung alle Einsicht ein­zu­schrän­ken.

Und dennoch: bei noch so weit und glücklich geführter, rechnerisch durchgeprüfter «Mechanistik» bleibt – ihres Arbeitsnutzens unbeschadet das innere Wesen unverständlich; und daraus erwächst dem Willen ein Lebensschaden. Aus drei­fachen Gründen genügt sie nicht der Erkenntnis.

Erstens muss die «mechanistische» Einsicht zur reinen Messung von Massenbewegungen führen, zu reinen Be­zieh­ungs­for­meln, zur «Mathematik»; und eher ist ihre Aufgabe un­erfüllt. Dabei aber bleiben die eigentlichen Bezieh­ungs­punk­te, die Dinge, Kräfte und Mächte, um die es geht, unberücksichtigt und müssen es bleiben. Das ist ihre Wesensgrenze.95

Zweitens geht bei solcher Messungs-Erklärung der tiefere Ziel- und Einsichtswille des Menschen völlig leer und un­be­frie­digt aus. Wie weit und vortrefflich gediehen die äussere Nutz­an­wen­dung in äusserer Tätigkeit wäre, so wenig ergibt sich innere Willensanwendung: diese Kenntnis der Aus­sen­be­we­gun­gen knüpft in keiner Weise an all die inneren Strebungen an. Solange der Mensch nicht die äussere Erfahrung seiner er­streb­ten Leistungen, seine Willensergebnisse eigenhelfend zum Wegweiser nimmt, von innen nach aussen schauend, bleibt er trotz aller äusseren «mechanistischen» Kenntnisse dennoch erkenntnisblind. Erkenntnis ist nur ein Willen-Erlebnis.

Drittens aber, und eben aus diesem besagten Grunde, schwebt die so nüchtern-feste «Mechanistik» schärfstens ge­prüft in der leeren Luft. Wohl kann sie beobachten, messen, errechnen, wie sich Dichtung und Schnelligkeit einer gegebnen Masse verändern; aber wieso eine solche Masse sich überhaupt durch den Raum bewegt – wieso ihr überhaupt Bewegungskraft innewohnt, zuströmt und abfliesst, kann die «Mechanistik» gar nicht erklären. Sie müsste denn eben sich selbst verlassen und Inneneinsicht versuchen.

Es müssen eben, weit entgegengesetzt dem «monis­ti­sch­en», ob gnostisch-scholastischen oder materia­lis­tisch-ener­getischen Einheitsgerede, die beiden Erkenntnishälften ei­nan­der stützen.

In diesem Sinne geht die klaristische Forschung vor sich.

Klarwelt und Wirrwelt

Die Verjüngung des Lebens

Klaristische Vorfragen

XIVDie Zwieheit des Daseins

XVWillen und Glauben

XVIZweierlei Ewigkeit

XVIIKlaristische Logik

 Klarwelt und Wirrwelt

Klaristische Dynamorhythmik

XVIII Urmächte

XIXDer Pulsschlag des Urwesens

 Raum und Zeit

Die Wirrwelt

XX Die Schicksalgeschichte des Stoffes

XXI Die Grundlinien des Lebens

XXII Das Walten des Bewusstseins

XXIII Paarung und Fortpflanzung

XXIV Pflanzentum und Tiertum

XXV Mann und Weib

XXVI Der Sinn der Gestalt

XXVII Das Reifen der Seelen

 

Die Verjüngung des Lebens, PDF (Auszug)

Schrödingers Katze

Schrödingers Katze: In einer Kiste befinden sich eine Katze, ein radioaktives Präparat, ein Detektor für die beim Zerfall erzeugte Strahlung und eine tödliche Menge Gift.

 

Bei Schrödingers Katze handelt es sich um ein Gedankenexperiment aus der Physik, das 1935 von Erwin Schrödinger vorgeschlagen wurde. Es problematisiert die direkte Übertragung quantenmechanischer Begriffe auf die makroskopische Welt in Form eines Paradoxons. Das Paradoxon besteht darin, dass dem Gedankenexperiment nach eine Katze mit den Regeln der Quantenmechanik in einen Zustand gebracht werden könnte, in dem sie gleich­zeitig «lebendig» und «tot» ist, und in diesem Zustand ver­bleibt, bis die Experimentieranordnung untersucht wird. Die gleichzeitig tote und lebendige Katze würde erst dann eindeutig auf «lebendig» oder «tot» festgelegt, wenn man sie beobachtete, also eine Messung durchführte. Das widerspricht der Anschauung und Alltagserfahrung.

Schrödinger gilt als einer der Begründer der Quantenmechanik und erhielt für die Entdeckung neuer produktiver Formen der Atomtheorie gemeinsam mit Paul Dirac 1933 den Nobelpreis für Physik, die Schrödingergleichung.

Gott erschafft die Welt, Buchillustration 1937

«Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.»

 

Dieser erster Satz aus dem Johannesevangelium stellt das Wort, den Willen Gottes, an den Anfang jeden Seins. Das Buch Genesis, Kapitel 1, erklärt wie Gott die Welt erschuf, durch das Wort: Im Anfang schuf Gott Him­mel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut und Gottes Geist schwebte über dem Wasser. Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht. Gott sah, dass das Licht gut war. Gott schied das Licht von der Finsternis und Gott nannte das Licht Tag und die Finsternis nannte er Nacht. Es wurde Abend und es wurde Morgen: erster Tag. …

Aus der Deutschen Einheitsübersetzung

 

Der altgriechische Ausdruck logos verfügt über einen ausserordentlich weiten Bedeutungsspielraum. Er wird unspezifisch im Sinne von «Wort» und «Rede» sowie deren Gehalt «Sinn» gebraucht, bezeichnet aber auch das geis­tige Vermögen und was dieses hervorbringt (z.B. «Ver­nunft») wie auch ferner ein allgemeineres Prinzip einer Weltvernunft oder eines Gesamtsinns der Wirklichkeit. Darüber hinaus existieren – je nach Kontext – noch spe­zi­fi­schere Verwendungen, beispielsweise als «Definition», «Argument», «Rechnung» oder «Lehrsatz». Auch philo­so­phi­sche und religiöse Prinzipien werden mit dem Aus­druck logos bezeichnet, beispielsweise in den Fragmenten Heraklits und in Texten stoischer Philosophie sowie jüdisch-hellenistischer und christlicher Herkunft.

Diesseits und Jenseits, Buchillustration