Elisar von Kupffer, five poems from the 1901 published book of poems
„Resurrection, Eearthly Poems” – Auferstehung, irdische Gedichte
Wenn wir uns beide begegnen,
so schaust du mich herzlich an,
als wollt uns die Liebe segnen
die Liebe, die alles kann –
die über Schluchten und Gründe
schimmernde Brücken spannt
und bös erklügelte Sünde
aus unserem Leben verbannt.
Die Lippen schwellen und zittern,
als wär ihnen alles bewusst.
Ich glaube, es möchte gewittern
vor lauter verhaltner Luft.
Aus deinen Augen lauert
der sonnige Übermut,
der hinter den Wimpern trauert,
wie aschebedeckte Glut.
Wenn wir uns einsam begegnen,
so schaust du mich herzlich an …
Komm, lass uns die Liebe segnen,
die Liebe, die alles kann!
Wie ist das Glück so wunderbar,
wenns uns am Busen liegt,
wenn es mit ganzer Wonne gar
sich an die Wang uns schmiegt!
Wenn es mit Küssen ohne Zahl
den Mund der Fragen schliesst,
das Herze, frei von Sehnsuchtqual,
den Augenblick geniesst!
Wie ist die Welt voll Sonnenschein,
wir selbst den Göttern gleich,
macht ohne Reu und Pein
der Augenblick uns reich!
Wem je sein Glück im Arme lag
und wen es je geküsst,
dem ward ein voller Menschentag
und wenn er sterben müsst.
Da liegt die Welt zu meinen Füssen,
die kleine Welt der grossen Leiden,
in der wir uns so bang bescheiden,
ein böses Schicksal abzubüssen.
Da liegt die Welt vor mir gebreitet,
die kleine Welt der grossen Freuden,
wo wir die Schätze blind vergeuden,
es sie uns noch ein Glück bereitet.
Da liegt die Welt, die ich so gerne
ans warme Herz verlangend drücke,
an deren Pracht ich mich berücke
in Menschennäh und Bergesferne.
Mag sie in Ewigkeit gedeihen
mit ihren Freuden – ihren Schmerzen!
Auch keine Stunde will ich merzen
aus diesen bunten Schicksalsreihen.
Die andren gedeihn ohne Sorgen,
gehütet, bewacht –
ich aber liebe verborgen
in schirmender Nacht.
Die anderen prunken wie Rosen
an ihrem Spalier –
ich aber muss heimlich kosen
im Felde mit dir.
Mit ihrer Liebe sie immer
sich brüsten so laut,
die andern – denn ich bin nimmer,
bin nimmer getraut!
Des Glückes goldner Segen
die andern umspinnt,
doch mich küsst Sonne und Regen,
mich zaust auch der Wind.
Die andren wohnen im Rechte, –
ich habe kein Recht!
Un meine Liebe, – die echte,
die nennen sie schlecht.
Von meiner Liebe weiss keiner
sie hat keinen Schein,
sie kennt ja nur Einer – nur Einer
Nur du allein!
Was zählst du deine Tränen, krankes Herz,
und deines Kummers, ach, so reiche Blüten?
Was weinest du? Es ist ja bloss ein Scherz.
Was klagst du so? Wie schon die Stürme wüten!
Was zählst du deine Schmerzen? Winde sie
mit froher Laune dir zum Totenkranze.
O horch! in deinem Leid ist Melodie;
und Leid und Leid, wie bald verklang das Ganze.
In deinen Tränen perlt das Sonnenlicht,
das schöne Licht. O scheine du im Herzen!
Nacht wird es erst, wenn müd das Auge bricht.
Du krankes Herz, was zählst du deine Schmerzen?