Ein Glückskind unter dem Regenbogen – Nachruf auf unser Mitglied Röbi Rapp
Noch Anfang Mai war er auf der Bühne des Theaters am Neumarkt gestanden und hatte dankbar den Beifall eines begeisterten Publikums entgegen genommen .Am 26. August ist Robert A. Rapp, seit Kindertagen von allen liebevoll Röbi genannt, mit Hilfe einer Sterbeorganisation im 89. Lebensjahr im Beisein seiner Liebsten zu Hause friedlich eingeschlafen. Röbi hat das Leben geliebt, nach verschiedenen Altersbeschwerden und einer schweren Erkrankung aber beschlossen, dass für ihn die Zeit gekommen sei zu gehen. Ein reiches und schönes Leben hat seinen Abschluss gefunden.
Das ironisch-hintersinnige Chanson «Die Seltsame» hatte er im Neumarkt ein letztes Mal gesungen. Das Lied war bereits ein Klassiker, als es Röbi im selben Theatersaal schon in den 50er-Jahren zum ersten Mal vorgetragen hatte – als junger Travestie-Künstler an einem der legendären Bälle der Homosexuellen-Organisation «Der Kreis». Just dort hatte Rapp im Lehrer Ernst Ostertag auch die Liebes eines Lebens gefunden. Die beiden waren 62 Jahre zusammen, wurden zum berühmtesten Schwulen paar der Schweiz und waren die Personifizierung einer erfolgreichen Emanzipationsgeschichte. Als sie sich kennen lernten, war Homosexualität in der Schweiz zwar seit vierzehn Jahren legal, doch konnte man sich als schwules Paar weder offen zeigen noch gar zusammenleben, ohne Stigmatisierung, Ächtung, schwere berufliche Nachteile oder gar Verlust von Arbeitsstelle und Wohnung zu riskieren.
Diese gesellschaftlichen Missstände tatenlos hinzunehmen, war jedoch nicht Sache von Rapp und Ostertag. Gemeinsam engagierten sie sich im «Kreis», später sowohl in dessen Nachfolge-Organisationen als auch in der neuen Schwulenbewegung, in den letzten Jahren schliesslich als aktive Mitglieder des Vereins Network. Als Krönung dieses Engagements ging 2003 für Röbi Rapp und Ernst Ostertag ein grosser Wunsch in Erfüllung: ihre Liebe wurde offiziell anerkannt und sie konnten sich als erstes Schwulen-Paar im Kanton Zürich offiziell eintragen lassen. Ihre Kutschenfahrt zum Zürcher Stadthaus wurde zum Triumphzug! Die registrierte Partnerschaft empfanden die beiden auch als Wiedergutmachung für den damaligen Eintrag im Schwulenregister der Polizei zu Zeiten schwerster Repression. So war ihnen die Erinnerung an diese dunklen Jahrzehnte sowie an ihre Mit- und Vorkämpfer sowohl Verpflichtung als auch Herzensangelegenheit. Als rührige Mitarbeiter des Schwulenarchivs Schweiz und als Organisatoren von Ausstellungen halfen sie bewahren und erinnern, als Initianten und Autoren der Webseite schwulengeschichte.ch schufen sie Bleibendes. Mit Stefan Haupts Oscar-nominierter Doku-Fiction «Der Kreis» und Barbara Bosshards einfühlsamer Doppelbiografie «Verborgene Liebe» wurde schliesslich auch das Leben und Werk von Röbi Rapp und Ernst Ostertag für die Nachwelt festgehalten. Bosshard würdigte in ihrem Buch zudem das Altersglück der besonderen Art, welches Röbi Rapp und Ernst Ostertag in ihrer Beziehung mit Giovanni Lanni hatten erfahren dürfen.
Mit Röbi Rapp verlieren wir ein Gründungsmitglied unseres Vereins, der sich nicht nur als langjähriger Revisor, sondern auch als ein für unsere Anliegen begeisterter und treuer Mitstreiter hervorgetan hat.
Seine Offenheit und vorurteilslose Freundschaft anderen Menschen gegenüber, die mit Selbstironie gepaarte Bescheidenheit und sein liebenswürdiges Wesen wurden ihm durch die Sympathie zahlloser Mitmenschen reich belohnt.
Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.