Parthenonfries des Erosglaubens
In seiner Autobiographie schrieb Elisàr von Kupffer, dass er bereits mit sechs Jahren die Inspiration zum Rundbild gehabt habe. Schon damals sah er im Traum eine Figur auf einer Riesennymphea, was eine klare Andeutung auf Buddhas Geburt beziehungsweise auf die spätere Geburt seiner eigenen Religion ist. Um 1920 finden sich in der Literatur erste Hinweise auf die Realisierung der Klarwelt der Seligen, des «Parthenonfrieses des Erosglaubens».
1923 begann Elisàr von Kupffer mit den Arbeiten an seinem Monumentalwerk «Klarwelt der Seligen», welches er in mehreren Etappen bis 1929 vollendete.
Das Rundbild stellt in einem Zyklus wechselnder Jahreszeiten und Landschaften 84 vollkommen unbekleidete, oftmals mit Blumen oder Wadenbändern geschmückte Gestalten mit angedeuteten Aureolen in 33 Motivgruppen dar, die dem Bildraum seine rhythmische Struktur verleihen. Mittel- und Hintergrund sind deutlich voneinander getrennt. Die lineare Komposition ist klar aufgebaut: Während im Hintergrund durch die Horizontlinie und im Vordergrund durch die liegenden Gestalten eine Waagerechte, sich im Mittelgrund hingegen durch die Bäume verschiedene Vertikalen offenbaren, bilden die Figurengruppen zahlreiche pyramidenförmige Linienanordnungen, die teilweise ineinander verschoben sind und welche die statischen Gesamtkonstruktion auflösen. Scharen an Faltern repetieren den Duktus der Figurengruppen und verleihen dem Rundbild eine rhythmotropistisch motivierte lineare Komposition, die den Betrachter der 360° Darstellung energetisch in die Paradiesvorstellung einbinden sollte.
Die im Hintergrund gezeigte Gebirgslandschaft durchzieht die Jahreszeiten des Winters und des Frühlings. Anschliessend ist eine ebene, mediterrane und sommerliche Landschaft vor dem Hintergrund eines Gewässers und eines verschneiten Gebirgszuges dargestellt. In der Darstellung des Herbstes steigt die Landschaft wieder zu einem Gebirge an. Im Mittelgrund zeigen sich neben bewaldeten oder auch verschneiten Hügeln verschiedene Bäume aus unterschiedlichen Klimazonen und in unterschiedlichen Wachstumsphasen. Es werden verschiedene Landschaften und Vegetationsarten, Farben und Phänotypen aufgereiht, um die Natur in der Komplexität ihrer tropistischen Wirkung darzustellen.
Präsentation des Rundbildes von 1923–2017
Die Räume des 1927 nach seinen Plänen erbauten «Sanctuarium Artis Elisarion» waren jedoch nicht gross genug, um den ganzen Zyklus präsentieren zu können, es mangelte an geeigneten Ausstellungsflächen. Die Gemäldeteile mussten deshalb in getrennten Räumen aufgehängt übereinander gehängt werden. Erst die Vollendung eines 12-eckigen Anschlussbaues (Rotunde) im Jahre 1939 ermöglichte eine Präsentation des gesamten Zyklus in einer fortlaufenden Abfolge. Die Beleuchtung erfolgte von nun an über ein Glasdach – ähnlich wie es der Tradition der Panoramagemälde des 19. Jahrhunderts entsprach. Im Zentrum des Raumes stand auch ein farbig bemalter, von sechs Säulen getragener Baldachin, unter dem der Betrachter Aufstellung nehmen konnte.
Fotografische Hinweise deuten darauf hin, dass die Gemäldeteile direkt an der Wand befestigt waren. Nach Elisàr von Kupffers Tod im Jahre 1942 verblieb das Rundbild bis etwa 1976 an seinem angestammten Platz in Minusio, wo es dank der Intervention des Kunsthistorikers Harald Szeemann nur knapp der Zerstörung entging.
Szeemann stellte das Gemälde in der Folge in Berlin, Lyon, München, Wien, Zürich und Basel aus. Ab 1987 wird der Gemäldezyklus auf dem Monte Verità in einem von Architekten Christoph Zürcher errichteten, hölzernen Ausstellungsgebäude ausgestellt.
Teil der Szeemann-Ausstellung auf dem Monte Verità
Von 2019 bis 2021 wurde der Pavillon restauriert und mit einer modernen Klimaanlage ausgestattet. Darin konnte das Rundbild fachgerecht installiert werden. Zusammen mit dem wieder errichteten Baldachin präsentiert sich das Rundbild wieder so, wie es im Sanctuarium Artis Elisarion in Minusio zu erleben war.
Der Verein Pro Elisarion zur Erhaltung des Nachlasses von Elisàr von Kupffer