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Lebensgesetze der Kultur

Ein Beitrag zur dynamischen Weltanschauung

von Dr. Eduard von Mayer

 

Vorwort

Dieses Buch ist aus Kunstforschungen hervorgegangen, die sich zu Kulturforschungen vertieften, um dann; in früheren ein­ge­hen­de Naturforschungen einmündend; einen vorläufigen Abschluss zu finden. Ich habe einige Mal weit und grundlegend ausgeholt, aber sonst war hier nicht der Ort, den eingehenden Wirklichkeitsbeweis meiner Weltanschauung anzutreten: das bleibt meinem philosophischen Hauptwerke vorbehalten; doch habe ich sie überall durchschimmern lassen und meinem Glauben, die Welt sei Tat, dort auch unmittelbaren Ausdruck verliehen, wo die Fragen auf eine letzte Antwort drangen. Im Wesen der Tat fühle ich den Pulsschlag jedes Geschehens; und wahrlich: in dem Augenblicke, wo der Mensch im anscheinend starr-toten Atome dieselbe abgründige Macht erkennt, die er als den lebendigen Kern seines eignen Wesens fühlt; da schliesst sich der Schlangenring der Ewigkeit; und was er umspannt, ist die Welt.

Von der Fülle aller Urkunden der Menschheitsgeschichte habe ich zur unmittelbaren, knappen und straffen Darstellung nur solche Tatsachen herangezogen, in welchen sich ein Auf­stieg oder doch eine gerade Entwicklung offenbart, un­be­scha­det des Reichtums an Abweichungen; die jeden einzelnen Verlauf der Kulturvorgänge vor andern kennzeichnet; aber eben in der einzelnen Erscheinung kreuzen sich zahllose Mächte, deren Walten an sich doch einfach ist: und dieses zu erkennen, darauf kam es mir an. Und klarzustellen, wie ich nun die Dinge schaue, war meine Aufgabe, um, deretwillen ich mich nicht gescheut habe, sogar trocken zu werden, und andererseits viele verlockende Abweichungen mir versagt habe; dennoch habe ich mich nicht gescheut, hin und wieder, wo der Anlass dazu riet; Fragen aufzuwerfen, ohne auf eine Antwort zu sin­nen oder meine Antwort mit ängstlicher Abwägung zu be­grün­den, wenn sie nur von selbst und zwanglos aus der Gesamtheit meiner Anschauung quoll; und schliesslich geht aller Fort­schritt der Erkenntnis nur von neuer Frage und neuen Fragen aus, mag die erste Antwort im weiteren Verlaufe der Forsch­un­gen sich auch als nur halbwahr ausstellen.

Der innere Werdegang dieses Werkes umfasst Jahre und ist vielfach unbewusst, jedenfalls ungesucht gewesen. Das Material, in das ich daher allmählich und oft nur gelegentlich Einblick gewonnen habe; ist so gross, dass ich den genauen Quellennachweis nur nach zeitraubender Durchstöberung von Bibliotheken und Museen erbringen könnte; und manches ist eigne Beobachtung. Aber die Tatsachen, aus denen ich meine Beweise führe, sind auch im allgemeinen so bekannt, dass jede pragmatische Völkerkunde, Welt-, Kultur- und Kunst­ge­schich­te, jedes grössere Museum sie reichlich belegt. Nur wo eine Einzelheit mir wichtig genug, unbekannt oder unterschätzt erschien, habe ich eine erläuternde Anmerkung im Anhange gebracht; und ebenso, wo ich unmittelbar andern entlehnt habe. Ich bitte jedenfalls, auch für die Terminologie, diesen Anhang mit zu berücksichtigen.

Der Titel meines Buches enthält einen Doppelsinn: die Lebensgesetze der Kultur sind die Gesetze, die aus dem Leben der Kultur für das Leben im einzelnen quellen. Wenn also dies Buch; äusserlich betrachtet, eine Naturphilosophie der Kultur­ge­schich­te heissen dürfte, so ist es doch auch eine Ethik der Kultur­ge­schich­te. Ethik ist Lebensführung; und wenn unser heutiges Leben ratlos umherirrt, dann ist es jedem erlaubt, diesem Leben einen Weg zu weisen, der ihm selbst sich auf­ge­tan hat. Und da ich dieses Buch, das gerade den geschicht­li­chen Teil meiner Weltanschauung, enthält, mir vom Leben weg geschrieben habe, so kann es, wie einseitig es auch wäre, viel­leicht ein Samenkorn sein.

Florenz, im April 1903

Dr. Eduard von Mayer

Inhaltsübersicht

  Erster Teil – Das Wesen der Kultur Seite  
I. Was ist Kultur? 3–10 PDF
  Der Mensch: ein Naturding 3  
  Kultur als Pflege der Natur 4  
  Kultur: das Werk der Menschheit 5  
  Kultur als Lebenseinheit 7  
  Stetigkeit der Kultur 10  
II. Die Mitarbeit der Natur 11–19 PDF
  Der Einfluss der Nahrungsmittel 11  
  Die Naturschätze 12  
  Der Wechsel als Kulturmoment 14  
  Kultur und Klima 16 PDF
  Die Natur in der Rasse 17 PDF
III. Die Dynamik der Lebewesen 19–27 PDF
  Kultur: die Lebensarbeit der Rasse 19 PDF
  Dynamik der Form 20  
  Die Art als dynamisches Gefüge 22  
  Die Entwicklung der Arten 24  
IV. Das Leben der Rasse 27–46 PDF
  Der einzelne Mensch, ein Rassekeim 27  
  Die Bildung der Rassen 29  
  Die Mischung der Rassen 30  
  Das neue Rassebewusstsein 32  
  Die Zersplitterung der Rasse 34  
  Die Zersetzung der Rasse 36  
  Der Ursprung der geschichtlichen Rassen 36  
  Die Höhe der Rasse 40  
  Das Gebirge als höhere Rasseheimat 42  
  Die Juden und die Rasse 44  
  Die Lebensgesetze der Rasse 46  
  Zweiter Teil – Die Werte der Kultur    
  Die Urzeit    
V. Das religiöse Urgefühl 49–57 PDF
  Der erste Mensch 49  
  Das Wesen der religiösen Empfindung 50  
  Hunger und Liebe in der Religion 52  
  Der älteste Gottesdienst 54  
  Die Zwecke als religiöses Ziel 56  
VI. Der Schutz des Übersinnlichen 57–67 PDF
  Das Traumleben 57  
  Toten- und Geisterglaube 59  
  Die Amulette 61  
  Die Kriegstrophäen 63  
  Der Schmuck 64  
  Das Übersinnliche 66  
VII. Die Götterwelt 67–77 PDF
  Der Mensch im Bunde mit der Gottheit 67  
  Die guten und die bösen Gottheiten 69  
  Verwandtschaften der Gottheiten 71  
  Die heiligen Pflanzen und Tiere 73  
  Die Verwandlungen des Menschen 75  
  Religiöse Symbole 77  
VIII. Das religiöse Sprachgefühl 78–89 PDF
  Die Sprache: eine Ausdrucksbewegung 78  
  Die Ursprache der Ruflaute 79  
  Die Entwicklung der Sprachlaute 81  
  Das Selbstgespräch 82  
  Die Teile der Rede 85  
  Die Geschlechter in der Sprache 86  
IX. Die gottesdienstlichen Künste 89–103 PDF
  Das Gebet als Gemütstätigkeit 89  
  Die Gebete 92  
  Die Dichtkunst 93  
  Die Urmusik 95  
  Die Bedeutung der Musik 97  
  Die Ausübung der Musik 99  
  Der Tanz 101  
  Die Frühzeit    
X. Die Physik des Gemeingefühls 103–112 PDF
  Das Gemeinleben als Kulturhüter 103  
  Die Anziehungskraft als Weltgrundlage 105  
  Die allgemeine Kraftstrahlung 107  
  Die organische Anziehungskraft des Gemeingefühls 108  
XI. Das Werden des Gemeinlebens 112–125 PDF
  Das Gleichgewicht der menschlichen Grundtriebe 112  
  Der Kampf als Kulturkraft 113  
  Die Liebe 115 PDF
  Mutterschaft und Urstaat 116  
  Die Kindes- und Mutterliebe 118  
  Die Geschwisterehe 120  
  Die Vorzüge der Weibergemeinde 122 PDF
  Die Zähmung des Mannes 123 PDF
XII. Die Zeiten des Mutterrechtes 125–133 PDF
  Mann und Weib in der Kultur 125 PDF
  Die Frauenbewegung 127 PDF
  Viehzucht und Ackerbau 128  
  Die Grundsätze des Mutterrechtes 130  
  Die Gemeinehe 132  
XIII. Der Naturdienst 133–157 PDF
  Fetischismus und Totendienst 133  
  Die Bestattung der Toten 135  
  Die religiöse Überlieferung 138  
  Die göttlichen Namen 140  
  Die gottesdienstlichen Bräuche 142  
  Das Priestertum 145  
  Die Herrschaft des Wissens 148  
  Der Drang nach Wahrheit 151  
  Die Verehrung der Naturkräfte und Gestirne 153  
XIV. Die Gebilde von Menschenhand 157–169 PDF
  Die ältesten Werkzeuge 157  
  Die Entwicklung des Geschirres 159  
  Die menschliche Wohnung 163  
  Die Entwicklung des Schmuckes zur Kleidung 165  
  Die Entstehung des Geldes 167  
XV. Die Geburt der bildendenden Künste 169–189 PDF
  Beginn und Wesen der Zierkunst 169  
  Die Grundformen der Zierkunst 173  
  Die plastische Umbildung der Formen 174  
  Die Linien als dynamische Zeichen 176  
  Die Bedeutung der Schlangenlinie 177  
  Linienspiel und Phantasie 179  
  Frühstufen der Bildnerei 181  
  Ornamentale Abbildungen 183  
  Komposition der Darstellungen 185  
  Älteste Bildwerke 187  
XVI. Die Kunst als Dienerin 189–200 PDF
  Abbildungen als Amulette 189  
  Bildliche Darstellungen als Chroniken 190  
  Die Entstehung der Schrift 192  
  Das Kunstgewerbe 195  
  Die Kulturbedeutung des Kunstgewerbes 189  
  Die Reifezeit    
XVII. Das Herrenrecht 200–213 PDF
  Das Gleichgewicht von Weibern und Männern 200  
  Völkerwanderungen 202  
  Eroberungen 203  
  Das Herrenrecht am Besitz 205  
  Das Herrenrecht in Ehe und Familie 207  
  Die Werte des Manneslebens 210 PDF
XVIII. Die olympische Religion 214–233 PDF
  Das Werden des Bewusstseins 214  
  Das Wesen der Religion 216  
  Die Religion des Herrenstaates 219  
  Die Olympier 221  
  Die Mysterien als Überreste der vorolympischen Religion 220  
XIX. Recht und Unrecht 233–258 PDF
  Die Natürlichkeit des Gemeinlebens 233  
  Das Recht als Rasseschutz 235 PDF
  Das Buchstabenrecht der Rassezersetzung 238 PDF
  Das Gesetzbuch und seine Schützer 240  
  Urstrafe und Menschenopfer 243  
  Die Selbsthilfe als Wesen des Strafrechts 246  
  Blut- und Nutzstrafen 248  
  Die Strafe als Entehrung 251  
  Das Wesen des Rechts 253  
  Lebendiges Gemeinwesen 256  
  Unsre Zeit    
XX. Die Entstehung der modernen Zeit 259–272 PDF
  Die Unhaltbarkeit der gesonderten Rassen 259 PDF
  Der Besitz als Wertmass 262  
  Der kulturelle Fluch des Geldes 264  
  Die Abhängigkeit vom Weltmarkte 266  
  Die Arbeiterschaft und die Arbeit 269  
XXI. Zivilisation 272–283 PDF
  Die moderne Dreieinigkeit 272  
  Die Ruhmestitel unsrer Zeit 274  
  Unsre Erziehung 278  
  Die Aussichten unsrer Gesittung 282  
XXII. Der Geist der Moderne 284–298 PDF
  Die Zerrüttung unsres Lebens 284 PDF
  Das Alleingottestum und unsre Irreligiosität 287  
  Das Darniederliegen unsrer Kunst 290  
  Die Prostitution 295  
  Dritter Teil – Die Zukunft der Kultur    
XXIII. Des Menschen Tun 301–327 PDF
  Von der Persönlichkeit 301 PDF
  Das Wesen der physikalischen Eigenschaften 303  
  Die Bedeutung der organischen Gestalt 306  
  Die Einwirkung der Aussenwelt auf den Menschen 309  
  Das Triebleben 312  
  Die Handlungen des Menschen: seine Offenbarung 314  
  Von der Tätigkeit: Gewohnheit und Nachahmung 318  
  Wesen und Wert der Sitte 320  
  Kultur und Aristokratie 325 PDF
XXIV. Das Wesen und Werden der Persönlichkeit 327–345 PDF
  Das Wesen der Persönlichkeit 327  
  Persönlichkeit und Sittlichkeit 330  
  Die Persönlichkeiten und die Geschichte 334  
  Rassengegensätze als Ursprung der Persönlichkeiten 336  
  Das Gesetz der Persönlichkeit 338  
  Die Zeiten der Persönlichkeiten 341  
XXV. Der Kulturwert der Persönlichkeit 345–382 PDF
  Die Persönlichkeiten als Schöpfer der Kultur 345  
  Die Erfìnder 348  
  Die Krieger 351  
  Die Staatsmänner 354  
  Die Baumeister 357  
  Die Bildhauer und Maler 362  
  Die Tonschöpfer 367  
  Die Dichter 370  
  Die Philosophen 375  
  Die Religionsstifter 378  
  Die Lebensgesetze der Kultur 382  
  Anmerkungen 383 PDF
Lebensgesetze der Kultur
Ein Beitrag zur dynamischen Weltanschaung
von Dr. Eduard von Mayer, 1904
Widmung
Dem einsamen Vorkämpfer der Ethik der Schönheit, dem Dichter der «Auferstehung» Elisàr von Kupffer gewidmet.

Rasse und Kultur

Die Zeit um 1900 war geprägt von einer langen Phase der Industrialisierung und einer enormen Steigerung des Wohlstandes der westlichen Staaten, der allerdings sehr ungleich verteilt war. Einer wohlhabenden Bourgeoisie, die ihren Reichtum mittels enormem Pomp zelebrierte, stand das grosse Heer der aus ihrem kulturellen Hinter­grund entwurzelten Arbeiterschaft gegenüber, die in bescheidnen Verhältnissen lebten. Die Entdeckung der Welt wurde mit den Polarexpeditionen abgeschlossen; den Menschen in den modernen Grossstädten standen die Menschen im Dschungel Amazoniens oder Neu­gui­neas gegenüber, die noch steinzeitliche Werkzeuge benutzten; die klassische Physik Newtons erfuhr mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen und Gravitationswellen eine Neubewertung, was zur Quanten- und Relati­vi­täts­theorie führte; die Evolutionstheorie Darwins war All­ge­mein­gut geworden, sein Werk «Die Abstammung des Men­schen und die geschlechtliche Zuchtwahl» oder die Vorstellungen Haeckels von der «Selbstzüchtung des Menschen» bestimmten die Vorstellungen der Mensch­wer­dung. Die Werte der christlichen Bibel, insbesondere die Erschaffung der Welt in 6 Tagen, ist nur noch ein Bild und nicht mehr die absolute Wahrheit.

All diese Erkenntnisse versucht Eduard von Mayer zu einem neuen Weltbild zu formen. Eine Kulturwelt, ge­schaf­fen vom Menschen, in dem der Einzelne ein eigen­stän­di­ges Wesen ist. Mayer stellt dabei fest, dass die grossen kulturellen Werte geschaffen wurden, wenn eine Gruppe, eine Gemeinschaft einheitliche Werte, eine gemeinsame Vorstellung der Lebensgestaltung besass. Solche Einheiten nennt er Rasse. So gibt es für ihn beispielsweise eine «europäische Adelsrasse».

Mayer hat aber in keiner Weise rassistische Vorstellungen oder Vorurteile. «Die Unhaltbarkeit der gesonderten Rassen» ist für ihn gegeben. Er kritisiert die rassistischen Vorstellung seiner Zeit, kann sich aber vom Ausdruck «Rasse» nicht lösen. Seine Texte sind in diesem Kontext zu lesen. Und sie bilden die theoretischen Grundlagen für den sich daraus entwickelnden Klarismus.

Thomas Voelkin

Die Entwicklung des Geschirres

Aus der flachen Urschale entwickelte sich das pürschende Bedürfnis aller weiteren Formen, zumals als eben das Gemeinleben bei grösserer Nachfrage die Töpferkunst zum Handwerk umbildete und die Fachkenntnis der Töpfer (Kunst und Gewerbe) zu innerern und äusseren Vebesserungen führen musste.