Die Zukunft der Natur, Teil 1
Das monistische Weltbild: Die Welt als Laune
Der Bauerglaube
Die Familie, der Hungerbund ist das nützliche Notergebnis der Liebesgemeinschaft. Geht er jedoch des Nährers und Schützers verlustig, durch Tod, Gefangenschaft oder Selbstsucht, so müssen die hungernden Hinterlassenen im Anschluss an Gleichbedrängte, an Notgenossen die Rettung suchen; und so vermehrt sich die Hungerfamilie zur Hungergemeinde.
Von Müttern erlebt, beginnt damit der mutterrechtliche Zustand, das Netz von kleinen Beziehungen, Gegenleistungen, Aushilfstaten, dem hilfsbedürftigen Nachwuchs zu nützen, namens der Welt des Weibes. Schliesslich wuchsen da auch die Männer hinein, begriffen den Segen von Handwerk und Haushalt und gaben das ungebundene Leben auf, da der Nachteil der Aushilfsmühen sich doch geringer erwies, zum Nutzen und Schutz der Gemeinde.
Die blosse Ortsgemeinschaft der Höhlen und Baumverschläge vertiefte sich bald zur Ernährung-, Kampf- und Arbeitsgemeinschaft. Gemeinsam wehrten die Männer das Raubzeug ab und zogen gemeinsam zur Jagd, und weil sie vereint sich mächtiger fühlten, wagten sie sich an früher gemiedene grössere Tiere, ergiebige Beute. So knüpfte gemeinsamer Sieg, gemeinsamer Anteil und Vorteil die Männer zusammen. Die schwächeren Hungergenossen indes, die Weiber und Halberwachsenen, schafften daheim an Geräten und Waffen, suchten im näheren Umkreis nach leichterer Leute, einander in Scharen schützend.
Der unbestimmte Zusammenhang wurde durch tätig-täglichen Hungerkampf zum Gemeinsinn, der freilich den Menschen anwies, den Nebenmenschen wesentlich nur als Arbeitsgenossen der Hungerreglung zu werten – ausser wo sich Gefühlsbeziehungen zeigten! Zwar: untätige Hände Erwachsner bedeuteten überzählige, lästige Münder, drum drohte solchen der Ausschluss, wie wahren Gemeinfeinden; mit jedem Kinde hingegen wuchs ein Mit-Erwerber heran, der die mühsame Pflegezeit reichlich lohnte. So denkt noch heute der «Proletarier», der «Kindererzeuger».
Des Kindes Hunger ward, durch den Muttersinn, der Verknüpfungspunkt der urgemeindlichen Menschen; nun gar des Kindes künftiges Arbeitsvermögen bezeichnet die älteste «Kapitalisierung» von Werten, von Kraft, das erste Volks- und Gemeinvermögen. Die blosse Hungermühe hätte der Zunahme hilfsbedürftiger Kindermengen gewisslich Schranken gesetzt, hingegen musste Arbeits-Erwägung, bei vielfacher Liebesgelegenheit, doch die Urgemeinde sich unbedenklich mehren lassen; noch heute pochen die Massenverehrer auf unbegrenzte Möglichkeiten der Arbeit gerade durch Volksvermehrung. Wo die Willensstellung dieselbe ist, treten die gleichen Urteile auf, und lägen viele tausende Jahre dazwischen.3
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Aber die Vielzahl der Münder musste nun die Nahrungsregelung umgestalten. Sie mochte, je nach dem Himmelsstriche, Lese, Jagd oder Fischfang gewesen sein, freie Zufallssuche geniessbarer Stoffe – sobald der Zufall-Ertrag nicht länger ausreichte, hiess es, die Nahrung nicht länger suchen, sondern erpflegen. Der Jäger wird Züchter und Hirt, vielleicht im Anfang wieder vom Zufall beraten, wenn säugende oder brütende Muttertiere ihm lebend zur Beute wurden; der Pflanzen- und Fruchtleser geht zum Ackerbau über, hat er einmal die aufgespeicherten Vorräte keimen sehn.
Die Tier- und Pflanzenpflege veränderte nun nicht bloss die Nahrungs- und Arbeitsumstände, auch der Blick in das Leben verändert sich, freilich in unveränderter Hungerrichtung.
Vordem hatten dem Menschen Kraft, List und Zufall die Nahrung verschafft, im Wimmelgewirre der Dinge, Kräfte, Mächte, Gespenster hatte er sich als Beutejäger von Spanne zu Spanne gefristet. Das wurde nun anders, sowie die Pflegearbeit begann und all das Eigenleben der Tiere und Pflanzen Beachtung heischte. Sehen lernte der Mensch, wie die Tiere, die ihn mit Milch und Fleisch zu versorgen hatten, ihrerseits wieder von Graswuchs und Laub, vom Spriessen der Erde bestimmt wurden: und all die Frucht- und Beerenpflanzen, die Körner, Samen und Wurzeln hingen völlig vom Wirken und Stand der Erdkräfte ab. Nicht das einzelne Tier oder Gras, nicht der einzelne Baum oder Halm, und auch nicht ihrer vieler waren die Macht, das Gemeingedeihen zu sichern, nein! die Erde als solche, als Ganzes, als Schoss voll geheimer Gaben –, sie die gebärende, nährende «Mutter Erde» erschien als gewaltiges, eignes Wesen, als wirkliche Machtperson, ein bewusster Wille.
Hatten dem Einzelmenschen zunächst Einzelmächte entgegengestanden, so spürte, zur Lebensgemeinschaft vereint, die Menschengemeinde das Wirken unermesslicher vielgestaltig-gesammelter Einheitsmacht. Was die Menschen als Kinder den hegend-nährenden Eltern, vor allem der Mutter, an trautem Gefühl entgegengebracht, das übertrugen sie nun als Erwachsne, auf die Erdmacht; der Abstand zwischen dem kleinen Selbst und dem Riesenwesen kühlte freilich die Liebe ab und steigerte doch das Gefühl der Verehrung.
Ja hier, in diesem Bauernglauben, der weit hinaus in die späteren Lebensschauungen ausläuft, beginnt überhaupt die Verehrung. Die Totengespenster, die vordem waltenden Mächte, die nur als mindere Geister noch weiter bestanden, waren trotz allem geheimen Einfluss doch keine wahrhaft höheren Wesen. Die Mutter Erde jedoch – die wurde Höheres, wurde Gottheit: Gemeingottheit, ein Überwesen und Überwert, dem Verehrung gezollt und Dank entgegengetragen wurde. Freilich galten Dank und Verehrung doch nur der Nährkraft, der Hungerbefriedigung. Als im weiteren dann die Verehrung andern, der Erde überlegenen Mächten sich zuwandte, höheren Brotgebern, sank die Mutter Erde allmählich zum blossen göttlichen Geschöpf, ja wurde weniger als der Mensch, der ein Lebewesen blieb. Nur da die Erde dennoch immer der Boden des Lebens ist, die Speisekammer des Menschen, bewahrt er ihr weiter gewisse Achtung und kann dadurch allerdings die klare Einsicht in ihr Wesen, in ihren Wirrstand, nimmer gewinnen – ja, der Mensch ergab sich, als aller Glaube beinah dahin, in neuer wirrer Verehrung ihr wieder. Hunger und Erde sind eben Geschwister, und Wirrnis ist die dritte im Bunde, heute so wie vor endlosen Zeiten.
Diese Einheitsmacht, die Gemeingottheit, die Mutter Erdgöttin regelte also alles Gemeingeschehen. Zwar liess sie von selbst in Geberlaune Früchte und Gräser in buntem Gewirre, nach ihrem Belieben entstehen – sollte sie aber bewogen werden, in stetig reicherem Masse, der Menschengemeinde zu sicherem Nutzen die Gaben zu liefern, so musste der Mensch sie umwerben und pflegen, wie vordem (und immer noch!) die tückischen Totenmächte Pflege verlangten, um ruhig zu bleiben.
Ganz im Vertragsinn des Totendienstes – als Gegenleistung gewünschter Leistungen – war die Nahrungspflege in erster Hinsicht verehrender Dienst an die Erdgöttin: das Schürfen des Ackers, das Streuen der Samen, das Ernten der Saaten, das Säubern der Brotfrucht, kurz jegliche Handlung war wesentlich «Dienst», der Gemeingottheit erwiesen; und sie, solche Dienste entlohnend, liess der Menschengemeinde zukommen, was sie bedurfte. Durchaus nicht etwa, weil all die Ackerhandlungen sinn- und «naturgemäss» nach Erfahrung vollzogen waren, geriet die Versorgung – das dachten die Leute – sondern weil sie dem Willen der Gottheit gemäss gewesen; freilich war diese Gottheit eben das, was heute Natur heisst, die grosse Gebärerin, und was heute «naturgemäss» heisst, ist eben der Nachhall der ehemals erahnten Wünsche der Erdgöttin, wie sie die hungrige Menschengemeinde begriff. «Naturgemäss» und «naturwidrig» sind enge Hungerwertungen längst versunkenen Glaubens, verschollener Glaubenspflichten und Glaubensbräuche.
Nicht von selbst also gab das Samenkorn reichliche Saat, die Herde reichliche Brut – die Gnade der günstig gesinnten Gottheit beschenkte damit den Gemeineifer.
Die Gunst zu erlangen, auf der die Hungerbefriedigung aller beruhte, hiess es jedoch den Willen der Gottheit erkunden, die hungerregelnde Arbeit dem wechselnden Zustand der Erde anpassen, alle Acker- und Zuchtverrichtungen dann und so erfüllen, wann und wie es die Gottheit zu wünschen schien, nach Monatsregeln und Jahreszeiten.
So hiess die Notdurft den Menschen in Demut den Willenskreislauf der Erde erforschen und richtete unwillkürlich den Blick von der Erde weg auf den Himmel.
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Die Lichtgespenster des Himmels, Sonne und Mond und Sterne, hatten wohl bis dahin den Menschen bald erfreut und bald geängstigt, doch keinen Einfluss auf seine Lebenslenkung besessen. Nun, da der Hungergottesdienst der Erde es forderte, wurden sie Werte der Lebensordnung.
Vertraut war dem Menschen längst das Sonnengespenst, das leuchtend am Tage dahinzog, alle Abend jedoch vom Nachtgespenste besiegt ward, um Morgens in Wiedergeburt zu erstehen; vertraut war längst das wechselnde Mondgespenst, der Oberherr aller launisch-tückischen, spukisch-grausigen Totengespenster und Dunkelmächte.
Schon mochte der Mond auch mehr gewesen sein, mochte nach seinen Läufen und Zustandswechseln der Mensch die Zeiten bestimmt, nächtliche Züge oder Zusammenkünfte vereinbart haben. Nun aber, wo das Jagdgewerbe so gut wie vorbei, wo die Nahrungspflege mit Spannen zu rechnen lehrte, die weit die Dauer des Mondverlaufes hinter sich liessen – wo deutlich am Ackerzustand sich Sonneneinfluss bemerkbar machte, im Steigen und Fallen der Wärme: da trat die Sonnenmacht wichtig hervor, und der Mond, der jagende Geist der früheren Wildzeit, behielt nur die zweite Stelle. Doch diese blieb ihm gesichert, konnte der Mensch doch an ihm am besten die Zeiten zählen, die Sonne messen, den Fortgang des Erdgeschehens bestimmen, die Willenszeiten der Erdgottheit erkunden.
So trieb die Nahrungspflege zur Himmelserfassung, nicht nur in Babylonien oder Ägypten, sondern überall, in grösserem oder kleinerem Umfang, wo sich der Mensch um Bodenfrucht müht.
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Die Himmelsbeobachtung wurde zur Himmelsverehrung, sobald die feste Ordnung da droben allmählich als wahrer Oberleiter der Nahrungsversorgung erschien und feste Ordnungen auch im übrigen Arbeitsleben sich als sichernden Schutz der Hungergemeinde erwiesen.
Die Himmelsverehrung jedoch verschob mit einem Male den Schwerpunkt der Menschengemeinschaft.
Hatte der Mensch vordem die Nahrungsbeschaffung wesentlich seiner tätigen Kraft verdankt und etwa der Schlauheit, so nützten weder Stärke noch List, um am Himmel die Erdenzeiten zu prüfen.
Gewiss gehörte Geduld schon dazu, Waffen, Geräte und Werkzeug zu schnitzen und fügen; grösser war die Geduld, wenn Saaten und Herden zu pflegen waren; am grössten musste sie nun aber sein, wo es gar nicht von Tag zu Tage, ja nicht von Jahr zu Jahr sich einrichten hiess, sondern nur in langen Jahren das Kommen, Gehen und Treffen der Himmelslichter erkannt werden konnte, der grossen zunächst und bald auch der kleinen bis hin zum Hundstern.
Die lange Spanne forderte langes Leben, und wer am längsten zum Himmel geschaut, vermochte am besten die Himmelsordnung zu kennen, danach die Erdenordnung zu deuten, die Arbeitsordnung zu regeln, in jeder Verwirrung der Hungergemeinde zu raten. Die rüstige Jugend- und Manneskraft, die vorher das meiste bedeutet, trat nun dem Alter den Platz an der Spitze des Lebens ab.
Das Alter und, über des Einzelnen Alter hinaus, die Gemeinerinnerung wurde zur lenkenden Macht der Gemeinde, denn sie nur konnten die Himmelseinsichten treu bewahren.
Die Überlieferung setzte ein, die dem Jäger belanglos gewesen, indes es jetzt, beim Bauernstande der Menschheit, alles drauf ankam zu wissen, was früher am Himmel geschehen: die Bauernregeln erzählen noch heute von jenem uralten Weistum.
Und nun begann das Geschlecht der Verstorbenen, begannen die Ahnen über das eigne Leben hinaus im allgemeinen Leben zu wirken, als gute neben den alten bösen Totengespenstern. Der Tod, die Vergangenheit traten wirkend mitten ins Gegenwartsleben.
Und so beginnt die Geschichte ihr zweischneidiges Wirken – lähmend, insofern der Hungergeist sie beherrscht, fördernd als spätes Gegengift nach vielen Jahrtausenden, selten mit Warnungsstimme die Menschen beratend, im ganzen der Anwalt starrer Vergangenheit, nicht der Herold der Zukunft.
Irrgänge des Geistes
Das monistische Weltbild:
Die Welt als Laune
Warum wurde Christus zu Jesus?
Das legalistische Weltbild:
Die Welt als Zwang
VIIIDer bürgerliche Glaube III
Das individualistische Weltbild:
Die Welt als Trotz
XIDas Widergeschick des Lebens
XIIPaulus
Die Irrgänge des Geistes PDF
Als Erdgöttin werden vornehmlich in der ethnologischen und religionswissenschaftlichen Literatur mythische Geistwesen bezeichnet, die göttliche Macht über den Boden und seine Bewohner ausüben. Sie ist zuständig für die Fruchtbarkeit der Pflanzen – häufig auch der Tiere – und damit entscheidend für das Wohlergehen der Menschen.
Die religionsgeschichtliche und archäologische Entsprechung zur Erdmutter ist die Muttergöttin. Die Begriffe werden allerdings häufig synonym benutzt.
Mutter Erde bezeichnet im religiösen Sinn verschiedene Vorstellungen von der Erde (im Sinne von Umwelt, Land, Natur oder Planet) als einer heiligen Ganzheit mit diversen übersinnlich-transzendenten Attributen. In fast allen Sprachen der Welt wird die Erde weiblich und der Himmel männlich aufgefasst.
Ihre Darstellung findet sich entweder in frühen schriftlichen Zeugnissen oder in Kunstwerken wie etwa antiken Wandmalereien oder Venusfiguren. Die Deutung der nicht-schriftlichen Artefakte als «Göttinnen» hat zwangsläufig sehr oft spekulativen Charakter und ist daher umstritten, da es fragwürdig ist, von einer ungebrochenen Kontinuität religiöser Vorstellungen über mehrere Jahrtausende auszugehen.
Die Gaia-Hypothese
Die Himmelsscheibe von Nebra aus der frühen Bronzezeit Mitteleuropas (Aunjetitzer Kultur) gilt als die zweitälteste bekannte Himmelsdarstellung.
Gefunden wurde sie 1999 nahe der Stadt Nebra in Sachsen-Anhalt.
Stonehenge ist ein in der Jungsteinzeit errichtetes und mindestens bis in die Bronzezeit genutztes Bauwerk. Über den Zweck dieser aufwendigen Anlage existieren verschiedene sich widersprechende Theorien: Vom Kult- und Versammlungsplatz über eine religiöse Tempelanlage (Axtsymbole, Muttergottheit usw. deuten darauf hin) und Begräbnisstätte (einzelne Funde) bis zum astronomischen Observatorium, weil einige Linien nach der Sommersonnenwende ausgerichtet sind. Die auffällige Megalith-Struktur wurde etwa zwischen 2500 v. Chr. und 2000 v. Chr. errichtet. Die gesamte Anlage ist jedoch vermutlich deutlich älter. Neueste Forschungen legen eine mindestens 11 000 Jahre lange Geschichte der Anlage nahe.