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Il Dovere, 29. Oktober 1940

Bemerkenswerte Kunst eines Tessiners

Elisarion ist der Name des Künstlers: Maler, Poet und Freidenker. Und Elisarion ist die Kurzbezeichnung für das Sanctuarium Arte Elisarion, welches auf einer sanften Anhöhe über dem Ufer des Lago di Locarno sich erhebt.

Dieser Künstler, der vom höchsten Norden bis in den tiefsten Süden Europas herumzog, hat sich entschlossen an den Gestaden des Lago Verbano inne halten, zwischen den grünen Wiesen und blühenden Gärten von Minusio, wo er glaubt in der heilen Natur unserer Landschaft seine «Einkehr» gefunden zu haben, wie er es beschreibt; er erfahre hier eine bemerkenswerte «Klarheit» welche ähnlich sei zur Harmonie seiner Seele, und so, sich über sein künstlerisches Werk, ausdrücke.

Eine «Ruhe der Seele» sei nicht die Bestimmung aller und nicht die Überzeugung vieler: dies zu erkennen beruhe auf einem noblen Geist der es gewohnt sei, unterschiedliche Stimmungen mit freudigem und konzentriertem Sinn zu erfahren. Dies auszu­drücken sei die spezielle Fähigkeit des Künstlers, der Beweis seine Kunst, erfahren durch verzehrenden Schmerz, der aber nicht vernichte, sondern schliesslich mit dem Lächeln des stillen Triumphs erfülle. In einem solchen Moment spüre der Künstler als würde die Natur zur Übernatürlichkeit; ergriffen, bis tief in sein Innerstes, fühle er das Bedürfnis, sich auszu­drücken: nun würde das Werk zu einer Synthese zwischen Erde und Himmel.

Dies sind die erklärenden, bildlichen und schillernden Worte von Elisarion.

Elisarion wirkt ruhig, aber seine Ruhe ist unverzichtbar, sie keimt und drückt sich aus in einem Projekt, das ein ganzes Leben umfasst.

Elisarion ist ein profunder Denker, aber seine Gedankenwelt drückt sich aus mit der Grazie zarter Blumen welche seine Knabenfreude war und welche heute seine Bilder umranken.

Im Frühling, wenn sich die Natur erneuert, im Herbst wenn die Erde sich in ihren Früchten präsentiert, ist es wohltuend für unseren Geist das Elisarion zu besuchen –, man kann dort sammeln und erneuern, es spendet Freude und Kraft.

Der Tempel erhebt sich in einem Garten voller Lauben, die von kannelierten Säulen getragen werden. Das Atrium im Erdgeschoss ist in weichem Licht erhellt, die Gemälde an der Wand fordern unsere Aufmerksamkeit. Der Weg die Treppe hinauf in den ersten Stock wird begleitet von zärtlichen Erinnerungen: Bilder von baltischen Landschaften und ein gerahmtes Dankes-Schreiben einer italienischen Prinzessin erfreuen das Gemüt zu einem Lächeln.

Im ersten Stock fällt durch eine grosse Glasrosette je nach Tageszeit das Licht andersfarbig, der Saal ist ausgeschmückt mit unterschiedlichen Gemälden.

Unter drei anmutigen Torbogen hindurchschreitend gelangen wir in die «Kappelle der Erleuchtung». Zwei Altarbilder «Der Aufstieg» und «Der Neue Bund» erneuern in uns die heroi­schen Gefühle der Freundschaft.

Das Eingangstor, wie schon gesagt, ist unter anmutigen Bögen, die dunklen Flügeltüren sind mit zwei Kreuzschwerten verziert, die Embleme des Kampfes gegen das Böse. Diese Zeichen gegen das Böse sind nicht ohne Hoffnung, weil, wenn wir die Augen erheben, erkennen wir oberhalb des Tores eine schwebende Gruppe von glücklichen Gestalten in bewunderns­werter Harmonie. Eine Gestalt bewacht den Eingang ins Reich des Lichtes und des Friedens, vor dieser Gestalt sind andre, die freudig auf Einlass warten.

Das Tor öffnet sich: wir treten leise ein über eine dunkle gedeckte Brücke in die «Toten­gruft», die Begegnung mit dem Tod, der uns in der Gestalt des Künstlers erscheint; er liegt auf einer grünfarbenen Decke, der Farbe der Hoffnung. Er ist wirklich … tot dargestellt, doch seine Hände sind sanft zum Gebet gefaltet und scheinen noch zu leben, als wären sie mit dem Himmel verbunden. Über seinem Totenbett erhebt er sich zur Wiedergeburt in den lichten Himmel vor einer leuchtenden Blume, emporgewachsen aus der Erde.

Zwei Vorhänge geleiten zur Seite. Was wir nun sehen, ist vom ersten Moment an auch für uns eine Auferstehung: vom Dunklen in das Licht. Das Innere der Rotunde des Sanctuariums ist noch die «Erde», dahinter sehen wir das «Paradies». Die dargestellten Figuren sind irdisch und überirdisch zugleich. Die Bilder – eins an das andere zusammengefügt – bilden eine Einheit; in Farben die Licht ausströmen, mit Figuren ohne Ecken und Kanten, die wahrhaftige Verklärung der Natur: eine Verklärung welche ihren Ursprung respektiert und diesen überhöht.

Das Licht, das von den Bildern ausgeht, vermählt sich mit jenem des Himmels zu einer sphärischen Umgebung ohne Qualen und Schmerz, die besten Sinne unsers Geistes belebend.

Die Figuren haben harmonische Formen, eine anmutige Haltung, ein lächelndes Antlitz im vollkommenen inneren Gleichgewicht. Sie scheinen über der Erde zu schweben, ohne Gras, Kraut und Blumen zu erdrücken: schauend, schreitend, ruhend, alle verkörpern das ewige Sein, fern allen Übels.

Zeit und Raum gelten nicht mehr: auf einem wunderbar gleissendem Schneegelände blüht hell ein Birnbaum. Veilchenfarben steht ein Berg neben dem Pinienwald; der Felsen berührt das Wasser, das Wasser schäumt nur damit wir erkennen, es ist wirklich da. Unter dem klaren Himmel blühen Tausende von Blumen, zart und fein, die wahre Freude in der Kind­heit des des sanften und willensstarken Künstlers.

In den Bildern des himmlischen Rundraumes der Klarwelt gibt es weder eine Andeutung einer Hütte noch eines Palastes: nur die verklärte Natur ist der ewige Aufenthalt des Menschen in Brüderlichkeit vereint.

 

Valentina Monotti für «Il Dovere» , 29. Oktober 1940, Übersetzung Thomas Voelkin, Original


Il Dovere, 18. Juni 1943

Dr. Eduard von Mayer

In Minusio, über dem lieblichen Ufer des Lago Verbano, unter dem Himmel begrenzt vom erhabenen Horizont unserer Berge, wird die Asche des Künstlers und Denkers Elisarion von Kupffer, seit einigen Monaten, in der – Kammer des Übergangs – des Sanctuariums Artis Elisarion aufbewahrt. An der Seite der Urne seine schöne Marmorbüste, ein Zeugnis des Adels der Kreatur, ein symbolisches Bild und eine wunderbare Darstellung der Endlichkeit, für die der Künstler-Denker lebte und arbeitete: die Vergeistigung des Menschen.

Wer hier bleibt, heute, ist der Wächter des Werkes auf der Leinwand, und noch mehr der Wächter des darin enthaltenen Geistes, der Freund von Elisarion von Kupffer, Dr. Eduard von Mayer.

Als Sohn eines baltischen Arztes, der vor allem am Hofe des Zaren von Russland tätig war, fühlte sich der junge von Mayer zu den Naturwissenschaften hingezogen. Die Natur, ihre Elemente und ihre Phänomene, erfreuten seinen beobachtenden Geist, während er Student an der Universität von Lausanne war. Aber dann genügten die experimentellen Wissen­schaften nicht mehr, um die Zweifel seines Geistes zu erklären. Seine Seele fühlte sich zu den Geisteswissenschaften hingezogen. Dann, ohne sich von der Natur abzuwenden, fand er durch seinem Freund Elisarion von Kupffer, die Möglichkeit in der universellen Philo­sophie und Poesie zu erkennen, wie die Kreatur aufsteigen kann in eine erhobene Sphäre zwischen Erde und Himmel, eine – Klarwelt – der Wahrheit, der Schönheit und der Güte.

Die Altarbilder – die menschliche Auferstehung – und die des – neuen Bundes – aus­gestellt in der – Kappelle der Erleuchtung – des Sanctuarium Arte Elisarion, verherrlichen nicht nur das reine Konzept der heroischen Freundschaft, aber auch die perfekte Treue von zwei realen Menschen, welche sich gefunden haben.

Um weiterhin mit wissenschaftlichen, philosophischen und poetischen Werken befasst zu sein und zu verfassen, hat Dr. Eduard von Mayer bewusst in heroischer Art und Weise den Freund unterstützt und begleitet im schwierigen Kampf für seine Ideale und seine Kunst. Das brüderliche Engagement dauerte, nicht nur ein paar Jahre, sondern ein ganzes Leben und jeden Tag. Heute, der Freund ist gegangen, doch offenbar segnet er weiterhin seinen treuen Freund. In der Tat, Dr. Eduard von Mayer, der bald siebzig Jahre alt wird, bewacht, ordnet und erweitert die Ausstellung im Sanctuarium Artis Elisarion, so dass diese am Besten den Idealen des Künstlers und Denkers entspricht. Er entdeckt in den Manuskripten des Verstorbenen neue schillernde, spirituelle Erleuchtungen, eine Welt jenseits des dunklen menschlichen Egoismus.

Besucht man das Sanctuarium Artis Elisarion mit offenen Augen: Die Vision des Werkes sagt der Seele, dass man seinen Frieden nicht im Wirren findet.

Wenn du tief traurig bist
so leidet er am meisten.
Du wirst davon erlöst
wenn er vergessen kann,
seinen Schmerz.

Dr. Eduard von Mayer nimmt mit dieser Ermahnung Abschied, der perfekteste Edelmensch und Freund, den ich kenne.

 

Valentina Monotti, Cavigliano, Juni 1943, Übersetzung Thomas Voelkin, Original

Der Aufstieg
Der neue Bund
Über dem Eingangstor
Tod und Auferstehung

Das Rundbild «Klarwelt der Seeligen»