Lieblingminne und Freundesliebe in der Weltliteratur
Anmerkungen
Wenn ich in der Einleitung von den jüdisch-römischen Moralisten und Buchstabengläubigen gesprochen habe, so meinte ich damit nicht das Christlich (Neujüdisch)-Katholische, sondern das Altjüdisch-Byzantinische, wie es sich in den Verordnungen eines Moses, Paulus und Kaisers Justinian findet. Ist doch heute die Moral auch der Israeliten mehr christlich als mosaisch. Wenn unser heutiger Staat im Namen der heiligen Schrift der Juden für die Aufrechterhaltung des gesetzlichen Verbots der Lieblingminne eintritt, so ist das nicht bloss lächerlich, weil wir keine Juden sind und unser Staat keine ‹ancilla theologiae›, sondern auch eine sinnlose Inkonsequenz. An derselben Stelle des altjüdischen Gesetzes stellt ja auch ausdrücklich, dass jeder einfache Ehebruch ebenso zu bestrafen ist, ja, auch der Umgang des Mannes mit seiner eignen Frau, wenn sie etwa die Regel hat; ebenso ist, wer seine Schwägerin zum Weibe nimmt, straffällig, weswegen auch heute noch in England solche Ehen verboten sind. Andrerseits war die Bigamie (Jakob) gestattet. Wie kann also jemand, dessen Gehirn noch ein wenig richtig zu arbeiten vermag, im Namen eines Gesetzes, auf das er schwört, nur einen willkürlichen geringen Bruchteil desselben mit pathetischer Emphase verteidigen – ich frage, wie kann er das, ohne ein Betrüger zu sein.
1 | Dass die Griechen (wie auch Hafis) unter der sogenannten Knabenliebe nicht einen Umgang mit physisch unreifen Kindern verstanden, wird durch zahllose Stellen unzweifelhaft klargelegt. «Knabe» ist häufig ein Zärtlichkeitsausdruck, wie heute «Mädchen», oder sogar «Kleine», mein «Kind». Wo der Zärtlichkeitssinn fehlt, da erscheint das Wort irrtümlich in einseitig begrenztem Sinne. Unsere Sprache ist durch künstliche vollständige Unterdrückung darin gänzlich arm geblieben. Um eine Vorstellung vom Reichtum der griechischen Ausdrucksweise zu geben, bringe ich hier eine Reihe von Worten, ohne sie irgendwie zu erschöpfen. |
Jünglinge in der griechischen Sprache
andrópais | = | junger Mann |
antípais | = | erwachsener Knabe |
éphebos | = | Jüngling ab 18 Jahren |
hebétēr | = | mannbarer Jüngling |
eïtheos | = | mannbarer, unvermannter Jüngling |
eírēn | = | Jüngling ab 20 Jahren (lakedonisch) |
kūros | = | Jüngling |
leiax | = | unbärtiger Knabe |
meirákion | = | Jüngling |
meirax | = | Knabe |
mieirakyllion | = | Knabe |
neanías | = | Jüngling |
neaniskos | = | junger Mann, Jüngling |
naniskárion | = | Jüngling (zärtlich) |
néax | = | Jüngling (poetisch) |
néoi | = | Jünglinge, junge Männer bis in die 30 |
nearós | = | Knabe |
pais | = | Knabe, Jüngling, junger Mann |
sideúnēs | = | Knabe, 15 oder 16 Jahre alt (dorisch) |
aïtes | = | Geliebter (theokratisch) |
erótylos | = | Geliebter (bukolisch) |
eroménos | = | Geliebter |
paidérōs | = | Knabe wie Eros schön oder Liebhaber |
paidiká | = | Liebling |
espinélas | = | Liebhaber |
erastés | = | Liebhaber, auch paiderastés |
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2 | So erzählen Berichte aus dem neuen Griechenland, die ich bisher nicht an Ort und Stelle prüfen konnte, dass dort eine Art Ehe zwischen Jünglingen von Priestern der christlichen Kirche eingesegnet wird. Als ein Beleg dafür gilt auch: Anastasius, Fahrten eines Griechen im Orient, von Urquehart, einem englischen Gesandten (Deutsch 1830–40). |
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3 | Meinen ursprünglichen Tauf- oder Vornamen ÉIisár habe ich auf dem Titelblatt die Endung -ion angefügt, um eine richtigere Betonung zu erzwingen und vor allem, weil der Name bisher unbegreiflicherweise in verschiedener Beziehung missverstanden worden ist, obwohl es schon ein Analogon in Elimar und Belisar gibt. |
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4 | Als bezeichnenden Beleg füge ich eine Stelle aus dem bekannten politischen Witzblatt ‹Der Kladderadatsch›, bei, wo es in der Nummer vom 12. Februar 1899 heisst: |
München. A. S.: Im ‹General-Anzeiger der Münchener Neuesten Nachrichten› (Nr. 52) wird bekannt gemacht: «Junger Herr wünscht mit einem etwas musikalischen jungen Herrn bekannt zu werden behufs Ehe. Br. unt. K. L. 28: 677 bef. die Exp.» Auch in Berlin sind ja alle Aufgeklärten der Ansicht, dass der § 175 des r.-St.-G.-B. aufgehoben werden muss, aber an eine Ehe zwischen Männern denkt man unseres Wissens noch nicht. Wir werden uns freilich nicht wundern, wenn bald in der ‹Vossischen Zeitung› ähnliche Inserate auftauchen. | |
Ich erinnere auch auch an die von so viel berühmten Männern unterzeichneten Petitionen an den Deutschen Reichstag. | |
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