Lebensgesetze der Kultur – Erster Teil – Das Wesen der Kultur
IV. Das Leben der Rasse
Der einzelne Mensch, ein Rassekeim
Vor allen andern Arten der Lebewesen zeichnet sich die Menschheit durch die Fülle der Lebensformen aus, die innerhalb ihrer den einen Menschen von dem andern unterscheidet.
Das dynamische Artgefüge im Menschen ist eben dermassen hoch, dass dem Eigenleben eine grosse Freiheit gewährt ist, ohne dass deshalb das gemeinsame Band der Menschheit gesprengt würde. Nur dass sich innerhalb dieser Lebensformen wiederum die grössten Gegensätze finden, die zwar, vielleicht lückenlos, ineinander übergehen würden, wollte man sie nebeneinander stellen, jedoch tatsächlich sich gegeneinander abgrenzen und zusammenfassen, was zusammenpasst, ausscheiden, was nicht zusammengehört. Die Zusammengehörigkeit von Lebensformen ist nun das, was wir Rasse nennen, die Einheitlichkeit der Lebensempfindung, die Verwandtschaft des Blutes, die Ähnlichkeit der inneren Gefüge.
Äusserlich betrachtet ist denn die Rasse die Gemeinschaft aller Menschen gleicher Abstammung, die Blutgemeinschaft; aber innerlich und nicht äusserlich betrachtet, dynamisch und nicht materialistisch, muss sich die Rasse beschränken, als Gemeinschaft nur der wirklich gleichgefügten Menschen zu gelten, als Empfindungsgemeinschaft. Denn immer wieder tritt, aus dem Eigenleben der Vorfahren erwachsend, der eigenen Abstammung zuwider eine und die andere neue Lebensform auf, ein und der andere neue Mensch, dessen dynamisches Gefüge nicht ererbt, sondern neu entstanden ist: das sind die Persönlichkeiten. Sie stehen über, und insofern ausserhalb, der Rasse; und wenn Rasse eine einheitliche Lebensform ist, so beansprucht auch die neue, festgefügte, einheitliche Lebensform der Persönlichkeit Rasse zu heissen; wenn auch nur der Keim einer Rasse, der erste Ahn neuer Lebensgemeinschaften.
Könnte sich der Mensch durch einfache Teilung vermehren, so würde sein Kind ihm fast gleich sein und ihr innerer Unterschied würde nicht bedeutender sein, als der Einfluss, den das Leben auf den Stammmenschen in der Zeitspanne seiner vollen Entfaltung gehabt hat. Nun entsteht aber der Mensch nur aus der Vermischung zweier verschiedener Menschen, richtiger, aus der Verschmelzung zweier gesonderter, hochgesteigerter Zellen. Weil es zwei Eltern hat, kann das Kind mithin keinem ganz gleichen, und wenn es selbst die glatte Summe der elterlichen Eigenschaften darstellte, würde jedes der Eltern doch im Kinde nicht wiederholt, sondern überholt sein. Ihre persönlichen Lebensformen sind also nicht erhalten geblieben, sondern einer umbildenden Erneuerung unterzogen worden, und somit in Wirklichkeit verloren gegangen. Und dasselbe widerfährt dieser im Kinde neugebildeten Lebensform, auch sie kann sich nicht rein und unvermischt fortpflanzen, auch sie muss sich, um überhaupt weiterzuwirken, mit abweichenden Lebensformen kreuzen und abermals umgebildet und erneuert werden.
Diese Erneuerung ist nun aber eben im Grunde eine Ablenkung der den elterlichen Teilen eigentlich innewohnenden Neigung; und so wird der Mensch verhindert, seine Art weiterzugeben, der Rassekeim, den er darstellte, geht mit seinem Tode zugrunde. Und auch seine zeugende Wirkung versinkt um so restloser, je grösser die Verschiedenheit der Eltern ist, je abweichender voneinander ihr Vorleben in ungezählten Geschlechtern war, je unabhängiger voneinander ihre Abkunft ist, je weiter der mögliche Verwandtschaftsgrad ist.
Überhaupt einander befruchten können sich ja nur verhältnismässig nahestehende Lebewesen, wie höchstens noch Hasen und Kaninchen, Fuchs und Hund, Pferd und Esel; doch beweisen gerade diese Fälle, dass die geglückte Befruchtung, dass die Entstehung einer Mischart durchaus nicht unbedingt eine Verwandtschaft durch Abstammung erhärtet: wie sie die Einheit der Menschenrassen hat bekräftigen sollen. Sie zeigt hingegen einzig die ungefähre Gleichhöhe des inneren Kraftzustandes an, eine gewisse Ähnlichkeit der dynamischen Gefüge; und darauf kommt es allerdings entscheidend an.
Je weiter denn die Eltern voneinander stehen, desto unähnlicher jedem einzelnen von ihnen wird das Kind sein; umgekehrt also wird das Kind beiden und jedem um so ähnlicher und gleichartiger sein, je näher sie einander in ihrem gesamten Wesen stehen. Um so mehr wird dieses Kind ja eine Bestätigung und Festigung ihrer Art sein, daher werden auch die Wesensteile des Kindes einheitlicher sein und wird es eine ausgeprägtere und stetigere Lebensart besitzen.
Darum kann aus einem Menschen nur dann eine Rasse hervorgehen, nur dann kommt sein mit ihm geborener Rassekeim zur Entfaltung und Frucht, wenn er sich mit ihm nahestehenden Menschen vermischt.
Die Bildung der Rassen
Aus der Verschmelzung nahestehender Menschen müssen denn wohl alle geschichtlichen Rassen hervorgegangen sein, aus Inzucht. Die obigen Erwägungen lassen es nur zu gut verstehen, warum bei niederen Völkern und ebenfalls in der Jugendzeit hochstehender Völker, wie selbst in Athen, die Innenehe herrscht, die Sitte und vielleicht der Zwang, nur innerhalb des engen Stammes zu heiraten. Diese beständige Mischung im kleinen Kreise, erst zwischen Geschwistern, später mehr zwischen Vettern beliebigen Grades, muss eine grosse Gleichmässigkeit und Festigung der Lebensempfindung hervorbringen, die schliesslich, nach einer Anzahl von Geschlechtern, zu einer Reinblutzüchtung führen, welche nicht mehr aufzuheben ist, aber der es später gleichfalls nicht gut tut, übertrieben zu werden. Und die gleichförmigen Lebensschicksale verhindern den einzelnen, sich allzuweit von der allgemeinen Art zu entfernen; er und seine Blutsnachfolger bleiben auf diese Weise fest mit der Lebensform ihrer Rasse verwachsen.
Äusserlich ist ja eine Rasse nur schwer scharf abzugrenzen, schwerer noch ist es, die mögliche Urverwandtschaft verschiedener Rassen zu erweisen, wie etwa der Indianer mit den Mongolen. Denn die äusseren Merkmale der Gestalt, der Hautfarbe, der Sprache sind in ihren inneren Beziehungen, die sicherlich vorhanden sind, doch noch so gar nicht entziffert; und so ist es fast unmöglich, das Verwandte im äusserlich Unähnlichen und das Selbständige im äusserlich Zusammengehörigen zu erkennen. Einige Sicherheit beginnt ja erst mit der Geschichte, erst wenn die Aufzeichnung der Völkerschicksale einsetzt. Jedoch die Völker, mit denen es dann zu tun gibt, sind tatsächlich schon so alt und haben schon so mancherlei in ihrer dunklen Vergangenheit erlebt, dass sie keinen zwingenden Schluss uber ihre Rasseentwicklung geben, über ihre Blutreinheit oder Blutmischung. Und vorgeschichtliche Funde, sprachliche Verwandtschaft, geographische Verhältnisse reichen auch nur wenig über die eigentliche Selbsterinnerung eines Volkes zurück: wie am besten die widersprechenden Anschauungen über die Urheimat der Arier dartun. Und ich meine, sie haben mehr als eine Urheimat besessen: denn ihre Höhe, ihr ausgesprochenes Herrentum, ihre ethische Gottesauffassung selbst der Urzeit sind für mich der Fingerzeig einer in immer neuen Gegenden und Lebensbedingungen wiederholten und stetig gesteigerten Blutzüchtung.
An sich keimen Rassen überall unbewusst empor, unter den natürlichen Bedingungen der Umwelt, wie vor allem der engen Blutmischung, sobald nach den ersten Urzeiten lockersten Menschentums sich die Mütter zusammenschliessen, sobald die Geschwister, zusammen aufwachsend, einander ehelichen, sobald ein begrenzter Kreis von Menschen in freier Geschlechtswahl miteinander lebt. Dieser unbewussten und überaus wichtigen, ja grundlegenden Frühstufe folgt dann die Erkenntnis der Rasseneigenheit und der Wille, sie nicht aufzugeben. Zur Zeit des Mutterrechts mithin, als die Weiber-Urgemeinde und die ihr angegliederten Männer andern Horden gegenüber zur Selbstbewahrung gezwungen wurden, sind wohl die geschichtlichen Rassen entstanden; und aus dem aufdämmernden Bewusstsein ihrer zu erhaltenden Blutgemeinschaft heraus sind die ursprünglichsten Gesetze entsprungen: sie sind, natürlich in religiöser Form, Rasseschutz.
Die Mischung der Rassen
Aus Blutzucht hervorgegangen, wird den Urrassen das Bewusstsein ihrer selbst durch den Zusammenprall mit andern, Rassen. Und so bedeutet dieser äussere Abschluss eigentlich den Beginn neuer Entwicklungen, oder besser, derselben natürlichen Entwicklung in weit mannigfacher gekreuzter und verwirrter Weise.
Der Zusammenstoss der einen Rasse mit andern, der einen leidlich festgefügten Horde mit andern Horden ist das Anzeichen, dass die Grenzen der wechselseitigen Gebiete ineinander zu fluten beginnen, dass jedes Gebiet zur vollen Ausnutzung mit den gegebenen Hilfsmitteln gelangt ist, dass die Zahl der Bevölkerung einen Höhepunkt erreicht hat. Denn je mehr von Geschlecht zu Geschlecht die Volkszahl anschwillt, um so mehr muss sich der Volksstamm ausbreiten, und da wächst sowohl der engste unbedingt notwendige Raum der Heimstätten, als auch das ganze Gebiet, innerhalb dessen der Volksstamm umherziehend seinen Aufenthalt jeweilig nimmt. Da kommt es zur Berührung mit andern Gebieten, andern Horden, andern Rassen; die verschiedenen Lebensempfindungen gelangen gegenseitig zum Bewusstsein, aber auch zum Einfluss; der ersten feindlichen Abwehr folgt bald der Austausch von Waren, von Werkzeugen, von Kenntnissen und Anschauungen. Und da bleibt auch die Blutreinheit nicht mehr streng gewahrt.
Kleinere, einander sowieso nahestehende Horden mochten wohl ineinander aufgehen und durch erweiterte Innenehe zu neuer Einheitlichkeit gelangen; nicht ging das aber bei ganzen, volkreichen Stämmen an, die wohl unter- und durcheinander, nicht miteinander zu leben vermögen. Ganz voneinander abschliessen können sie sich nicht, ganz ineinander aufgehen wohl noch weniger; und so ergibt sich meistens ein Rassegemisch, richtiger: kleinere, selbständige Rassegruppen ineinander eingesprengt, je nachdem wie im Kriege oder Frieden die Landesverteilung sich vollzogen hatte. So hat, in geschichtlicher Zeit, die dorische Wanderung gewirkt, so die keltischen Züge, so in grösstem Massstabe die germanische Völkerwanderung, später die Avaren-, Ungarn- und Mongolenzüge; so leben heute in allen gemischtrassigen Gegenden, in Griechenland, im Kaukasus, in Böhmen, Schlesien und Polen, in der Schweiz, die Stämme durcheinander.
Natürlich sucht eine eindringende, erobernde Rasse sich herrenrechtlich abzuschliessen, ja durch strengste Standesheiraten zu verstärken, und der Rassegedanke bekommt erst in diesem Kampf um eine zu bewahrende Stellung seine volle Wucht und Schärfe, die auch auf die Gesetze übergeht: denn sie haben alle dem Rasseschutze zu dienen. Aber nach Jahrhunderten tritt denn doch ein allmählicher Ausgleich von beiden Seiten ein: die Erobererenkel vergessen ihre Rassepflicht und verstehen nicht mehr die Verpönung der Missheirat; die Enkel der Unterworfenen haben sich wiederum emporgearbeitet und stehen in den veränderten Zeiten gleichmächtig neben dem alten Herrenstande, das Bürgertum neben dem Adel. Gerade die wenigen andern Fälle – wie die Spartaner oder der baltische Adel der russischen Ostseeprovinzen oder der deutsche hohe Adel – beweisen in ihrer Vereinzelung, wie selten der Rassegedanke zu siegen vermocht hat, wie sehr seine unbewusste Macht versagt, wenn das hierin plumpere Bewusstsein des einzelnen zu vernünfteln anfängt und allen Fortschritt auf Kosten des Rassegefühls, der Blutreinheit, der einheitlichen Lebensführung und wahren Lebenskunst zu ertrotzen unternimmt.
Das neue Rassebewusstsein
Die Rasse verfällt also fast immer der Mischung, der Verunreinigung des Blutes, von dessen innerer Zwiespältigkeit dann die ganze Geschichte eines solchen Volkes spricht. Und je umfangreicher die eine oder beide der sich vermengenden Rassen sind, um so unmöglicher ist eine wirkliche, stete Durchmischung der beiden Teile, die, wenn durchführbar, gewiss in langen Geschlechtern zu neuer Rassenbildung gelangen würde. Durch freiwillige, unbewusste aber zielsichere Züchtung ginge es ja noch an; wollte staatlicher Zwang hier einsetzen, so gehörte eine Festigkeit und Klarheit dazu, die es wohl nie gegeben hat. Eine gleiche Anzahl beiderlei Bewohner angenommen, müsste erstmals jeder einen Andersrassigen heiraten, die Kinder dieser ersten Mischung dürften dann nur Gleichgemischte ehelichen, der zweiten Mischung hätte eine dritte entsprechende zu folgen, und so durch lange Geschlechter fort.
Aber der freiwilligen, wie staatlichen Zucht dieser überlegten Geschlechtswahl widersteht das moderne europäische, mischrassige, kulturarme Gefühl, das in seiner Halbheit zwischen alter und neuer Blutreinheit selbstbehaglich stehen bleibt und überhaupt die Natur in und um sich trotz aller Technik nicht im entferntesten beherrscht, sondern sich von den Ereignissen treiben lässt. Nun ist der Wille des Menschen auch eine Kraft der Natur, und dass die heutigen Menschen, solange ohne Rassewillen, in künstlichen Staatsgebilden eingepfercht, auch heute noch nicht ihre eigene Zukunft zu wollen wissen, beweist eben, dass der Natur und ihren Bestrebungen heute das organische Werkzeug fehlt, dass es im Menschen an den Anlagen mangelt, um einheitlich nach innen wie aussen zu werden.
Es beginnt ein Umschwung, und das Satyrspiel der Geschichte wollte – zum glänzendsten Beweis dessen, wie tief naturwüchsig alle menschlichen Taten sind, wie unabhängig von dem Vexierspiegel seiner Ideen –, dass der Beginn dieses Umschwunges gerade im Namen menschlicher Allerweltsfreiheit und -gleichheit geschehen musste. Die grosse französische Revolution ist trotz der Fanfarenstösse ihrer demokratischen Schlagworte doch seit dem Untergange Allerwelt-Roms die erste grosse Rassenbewegung; mit der Abschlachtung des fränkischen Adels durch den gallischen Bürgerstand erwacht allenthalben das Rasse- und Volksgefühl; Napoleon weckt es überall, wo er es ausrotten will, und das 19. Jahrhundert sieht nationale Staaten entstehen und unnationale abbröckeln. Ja selbst der nivellierenden Technik des Maschinenzeitalters zum Trotz, schafft das Rassegefühl neue grosse Verbände, wie das Alldeutschtum, das Allslaventum, das Allkeltentum, das Angelsachsentum, das Allariertum, das sich seines hauptsächlichsten Gegners halber Antisemitismus nennt, selbst der Zionismus ist in diesem Sinne ein erfreuliches Zeichen dafür, dass die Erdgeister erwachen. Der Rausch der äusserlichen Gleichmacherei verfliegt in den Nöten der Wirklichkeit, wie der Widerstand des doch grundsätzlich demokratischen Nordamerika gegen die drohende Vermischung mit der schwarzen Rasse lehrreichst zeigt.
So tröstlich aber auch als Zeichen von Lebenskraft diese Selbstbesinnung der Menschheit auf ihre Unterschiede ist, so wenig scheint vor der Hand noch damit für die tatsächliche Kräftigung der einzelnen Völker gewonnen zu sein. Selbst wenn der Wille zu neuer Blutzüchtung erwachte, zur Vereinheitlichung der nun einmal gegebenen und nicht ausrottbaren fremden Bestandteile, soweit diese wertvoll genug erscheinen, so würde bei der heutigen Ausdehnung der wichtigsten Völker eben nur an der Berührungsfläche eine züchtende Vermischung durchführbar sein; die tieferen Schichten, die weiter zurück wohnenden Volksgenossen würden getrennt bleiben. In Deutschland etwa wurde im Westen die Entstehung eines keltisch-germanivschen Stammes glücken, in Mitteldeutschland bliebe alles beim Alten, im Osten wiederum ergäbe sich eine slavisch-germanische Rasse; statt der Einheitlichkeit somit nur neue Spaltungen zu den vorhandenen.
Vielleicht sind aber diese grossen Rassenverbände nur ein erstes, vorläufiges Tasten der neuschaffenden Natur, bestimmt, wieder zu verschwinden, wenn ihre Aufgabe erfüllt ist, wenn sie die Bedeutung des Blutes und seiner Art ins allgemeine Bewusstsein geimpft haben. Denn nicht bloss äusserlich, auch innerlich sind der Allherrschaft einer Rasse Schranken gesetzt und gibt es einen Höhepunkt, über den es nicht hinausgeht. Dann könnte es wohl sein, dass mit den heute noch anschwellenden Grossstaaten auch die Grossrassen wieder zerfallen, jedoch nicht um unterzugehen, sondern um in der Fülle von Einzelgestaltung erst wirklich neuem Leben entgegenzureifen.
Die Zersplitterung der Rasse
Es ist ja ein ganz natürlicher Vorgang.
Solange die Rasse der Zahl nach gering ist, solange die Horde auf engem Raume lebt, dauert auch die festigende, gleichmässige Blutmischung an, und die unmittelbare Gemeinsamkeit aller natürlichen Begehrungen und Interessen, die Gleichförmigkeit des äusseren Lebens tut das ihre, um jeden einzelnen in gleichem Schritt und Tritt mit dem Ganzen zu erhalten.
Anders, wenn die Volkszahl wächst, wenn der bewohnte Raum grösser wird. Mag das Leben auch äusserlich gleichförmig sein, mag die Gemeinsamkeit der Interessen im Grossen weiterbestehen, das eigentliche Blut- und Empfindungsband lockert sich doch. Die Heiraten finden nach wie vor eben in engeren Kreisen statt, die zwar nicht starr gegeneinander stehen, vielmehr fort und fort ineinander übergehen, aber doch infolge der natürlichen Umstände des ausgedehnteren Gemeinlebens stärker in sich selbst beruhen, als gegenseitig aufeinander. Und da werden denn die zufälligen, metaphysisch begründeten Eigenarten der immerzu neu entstehenden Persönlichkeiten nur mehr innerhalb eines jeden Kreises verwertet; und wenn diese Eigenarten auch selbst immer wieder abgeschwächt werden, so gehen sie im wesentlichen doch nicht verloren, werden ausgebildet und gerade durch eng züchtende Mischung zur Gemeineigenschaft des gegebenen engeren Kreises, mit Ausschluss und zur Sonderung aller anderen.
Eine Sonderung des Stammes ist es eben, die so beginnt, anfangs unmerklich, doch später und heute von allergrösster Bedeutung. Ohne die Anerkenntnis dieser notwendigen innerrassigen Sonderungen wird der Rassenstandpunkt, dieser wahrhaft belebende Quell der geschichtlichen Wissenschaft, wie des tätigen Volkslebens, zu einer starren Fessel, vor der es auch nicht schützt, wenn man mit Gobineau den «Saint-Esprit» anruft. Die Rasse ist ja nichts Ausgeklügeltes und Totes, nichts Begriffliches und Unwandelbares, sondern voll lebendiger Entwicklung, organischer Natur.
Die ersten Sonderungen der Rasse, wie sie sich immer wieder in jeder Familie wiederholen, welche auf Blut und Lebensempfindung hält, also besonders in den Adels-, Patrizier- und erbeingesessenen Bauerngeschlechtern, müssen sich weiter und weiter verstärken, wenn die einzelnen Volksgenossen und ihre Sippen durch immer weitere Räume voneinander getrennt werden; wenn die Naturbedingungen innerhalb des Volksgebietes wechseln: ein Teil an der Seeküste, ein anderer in waldigem Flachland, noch ein anderer im Gebirge sitzt, und damit auch das äussere Leben andere Wege einschlägt, zu anderem Umgang mit der Natur und ihrem Einfluss führt; wenn die kleinen Nöte der einzelnen Gaue nicht mehr als Gesamtnot empfunden werden und gar die Interessen nach innen wie nach aussen sich nicht mehr decken: wie heute die landwirtschaftliche Bevölkerung Schutzzoll verlangt, der Handel und das Grossgewerbe dagegen sind; wenn dabei und dadurch vor allem die Eheschliessung zwischen den entfernteren Volksteilen immer mehr aus Regel fallen. Dann ist die zum Volk angewachsene Rassenhorde eben in einzelne Bruderstämme zerfallen: wie besonders bei uns Deutschen.
Aber auch innerhalb dieser Stämme geht dieselbe fortdauernde Rassebildung ihren Weg; und wenn das enge, dichtere Gemeinleben gar schon zu höheren wirtschaftlichen Formen übergegangen ist, dann treten nebeneinander die gesonderten Lebensberufe, die Stände und Klassen. Jede dieser sozialen Bildungen schliesst sich wieder in sich ab, sucht durch Innenheiraten Blut und Besitz zu festigen, erzeugt eigne Lebensempfindungen und Lebenswerte. Führt dann das Anwachsen des einen Volkes zu engerer Berührung mit seinen Nachbarvölkern, dann finden diese Stände und Klassen leicht Unterstützung im Auslande, wie die Verschwägerung des Adels aller europäischen Länder, wie die Internationalität der Handelswelt und der Arbeiter beweisen.
Besonders die beiden letzteren Erscheinungen deuten allerdings auf ein gewisses absichtliches Zurückdrängen der eigentlichen Rassegemeinschaft; darin drückt sich jedoch andererseits die Tatsache aus, dass unsere europäische Menschheit noch nicht wieder den festen Boden der Rasse gewonnen hat, sondern mit einem weiteren und blasseren Allgemeingefühl vorlieb nimmt. Aber auch hier schichtet die Lebensempfindung die Menschheit dennoch wieder und an die Stelle der alten Rassen sind gewissermassen andere getreten, zwar jenen nicht entfernt gleichwertig, aber doch ein Beweis, wie stark die Natur auf Sonderungen, auf eine Fülle von Einzelbildungen ausgeht, deren Eigenheit im festen, natürlichen Verhältnisse der inneren Mächte und der äusseren Kräfte wurzelt.
Die Zersetzung der Rasse
Und so hat denn die Naturmacht der Rassenbildung zum Vorhandensein einer Unzahl von Rassen geführt, die sich schlecht mit dem altheiligen Namen der Ethnologie decken.
Denn die Kraft der Rassebildung, das Werden neuer fester Menschenart setzt mit jeder Zeugung neu ein; selbst eine Rasse, die allmählich aus einem einzelnen Elternpaare zu einem grossen Volke emporgewachsen wäre und nie eine Vermischung erlebt hätte, würde nach Ablauf endloser Geschlechter, bei der steigenden Ausdehnung der Volksgenossen, nicht mehr einheitlich sein. Wenn das äussere Kennzeichen der Sprache etwas gilt, so darf nicht vergessen werden, dass die Sprachen der Indianerstämme, trotz verwandtschaftlichen Baues, doch in ihrem Lautschatz ganz eigne Wege gehen: die grosse Zerstreuung über weite Waldgebiete hat eben jeden Splitter sich selbst überlassen, und wie er sich äusserlich, wird er sich auch innerlich weiterentwickelt haben, stärker in sich selbst, als mit den anderen Genossen einer fernen Vergangenheit verwandt. Umgekehrt kann die Sprache doch im ganzen noch eine gemeinsame sein, und dann auch die Naturempfindung; aber Mundarten weisen auf die beginnende oder rüstig fortschreitende Selbstentwicklung, wie bei den Hellenen, den Deutschen, den Kelten.
Nun kennen wir aber keine Rasse, die jeder Vermischung entgangen wäre, und so ist denn tatsächlich heute jedes Volk ein buntes Gemisch ursprünglich ganz fremder Menschenarten, längst getrennter Bruderrassen, feindlich widereinander stehender und doch verwandter Stämme; und jeder solcher Menschenschlag ist selbst nicht mehr einheitlich, sondern in örtliche Sippen gespalten. Wie ein durchsichtiges Glas mit der Zeit trübe wird, weil sein klarer Fluss sich in unzählige selbständige Kristalle umgesetzt hat, so ist auch die eine Lebensart der Rasse in eine Unzahl kleiner und kleinster Neben- und Unterrassen verwandelt. Doch stehen diese Rassenteile natürlich nicht schroff nebeneinander, sondern es finden sich mehr oder minder lückenlos alle nur denkbaren Übergänge; politisch ist so die mögliche Einheit im ganzen zwar gewahrt, aber dasselbe gilt nicht kulturell.
Das muss in aller Schärfe gesagt werden.
Eine Rasse ist also gerade durch die Kräfte, welche sie erschaffen haben, in ihrem inneren Bestande bedroht; und den äusseren Bestand hält nur das zusammen, was sie an Kultur geleistet hat. Doch dieses äussere Band wird gerade dann gelockert, wenn es am meisten von Nöten wäre, wenn das Volk immerzu anwachsend, Gefahr läuft, sein Blut zu vermischen. Aber eben dann bereichert sich die eine Kultur äusserlich gerade durch die Berührung mit der anderen, und arbeitet der Vermischung geradezu vor; diese wiederum befördert nur die Lockerung des inneren Bandes, die schon im Gange ist.
Darum muss es als Lebensgesetz der Rasse anerkannt werden, dass sie um so gefestigter nach innen, wie nach aussen ist, je inniger die Rassengenossen zusammenhängen. Alles, was sie trennt, schwächt die Rasse, ob es nun der Raum oder die Tätigkeit ist. Das unbegrenzte Anwachsen der Volkszahl kann daher wohl die äussere Macht erhöhen, vermindert aber naturnotwendig die innere Einheitlichkeit und damit die Kulturfähigkeit der Rasse.
Dieser ist nicht mit der Zahl gedient, sondern mit der Güte, nicht mit der baren Muskelkraft in so und soviel Fäusten, sondern mit der in jedem einzelnen aufgespeicherten Innenkraft, die durch zielbewusste Vererbung immer wieder der ganzen Rasse zugute kommen kann. Dadurch allein kann diese in Stetigkeit und Einheitlichkeit immer höher steigen.
Der Ursprung der geschichtlichen Rassen
Dass die Rassen einander an Höhe übertreffen, dass die eine mehr wert ist als die andere, ist ja eine Tatsache, die lange vor Gobineau von den Hellenen gekannt und verwertet wurde; aber es bleibt sein Verdienst, dass sich an seinen Namen die neue Rassenforschung knüpfen konnte, wenn auch die neue Welt, die dieser Kolumbus entdeckte, in Wirklichkeit so wenig seinem Glauben entspricht, wie Guanahani Indien war.
Die Annahme zweier Grundrassen, der weissen edlen und der schwarzen gemeinen ist eine kindliche Halbierung der Welt; und selbst wenn die eine von einem Nordkontinent, die andere ebenso von Süden gekommen wäre, würde die Natur doch nicht bei der einfachen gradweisen Verschlechterung durch Vermischung stehen geblieben sein, sondern diese ersten Mischerzeugnisse nur dazu benutzt haben, um neue Lebensformen emporzuzüchten. Und wenn auch tatsächlich ungeeignete Mischung nur innerlich widerspruchsreiche, unhaltbare, ohnmächtige Menschen ins Leben ruft und ganze Völker so langsam zugrunde gehen: wie die Spanier Südamerikas, und mit ihnen die Kultur siecht: wie im kaiserlichen Rom; so gibt es doch ebenso ein Emporsteigen der Rasse.
Und dies ist eigentlich die Grundfrage der Kultur-, Rassen- und Menschheitsgeschichte, wie die einen Rassen zu ihrer unendlichen Überlegenheit über die anderen gelangt sind.
Gewiss: die Natur verteilt ihre Gaben sehr ungleich, und unter Geschwistern kann das eine ein Genie sein, das andere mittelmässig und noch ein anderes unterbegabt. Die Unterschiede der Geburt sind unbestreitbar vorhanden, und wenn auch im einzelnen unerklärbar, so doch naturwissenschaftlich begreifbar. So könnten ja wohl auch die Rassen ihre Unterschiede unmittelbar bei ihrer Geburt miterhalten haben! Ja, wenn! … wenn nämlich die Rasse, in geschichtlichem Sinne, nicht notwendig eine Menge Menschen umfasste, die gesonderte Geburten darstellen, dennoch aber gleichblütig sind. Aber wo hat denn die Menschenmenge ihr gleiches Blut her, wenn nicht aus der Abstammung? Bevor sie eine Menge waren, müssen es wenige gewesen sein, und aller Menschenschlag verkürzt sich schliesslich auf ein Menschenpaar.
Dann hätten also die verschiedenen ersten Elternpaare der verschiedenen Rassen ihre so wechselnde Begabung von vorn herein besessen, jedes dieser Paare hätte ganz gleich sein müssen, also bestenfalls Zwillinge, und deren Eltern ebenfalls und so rückwärts fort bis in die Unendlichkeit eines Garten Edens!
Aber nein! die Natur gebärt nur Einzelwesen, und nur den Einzelwesen verleiht sie die mannigfaltigen Eigenschaften und Gaben. Die Personen allein sind wesentlich verschieden und aus der Vermischung zweier Personen geht eine dritte neue hervor, den ersten ungleich. Und so würde es fortgehen, wenn nicht die Inzucht aus ursprünglich getrennten und sich immer wieder trennenden Bestandteilen eine Gleichblütigkeit und Blutreinheit erschaffen hätte, die zwar immer einen Spielraum der Einzelpersönlichkeit gewährt, sie aber doch fest genug im Ererbten verankert und überdies sie immer wieder aufsaugt, immer wieder ihre Eigenheit in die allgemeine Blutbahn zurücklenkt.
Aber nicht nur wesentlich, auch geschichtlich wird jede Rasse einer ersten Mischung ihr Dasein verdanken. Und in dem Leben jedes einzelnen Menschen wiederholt sich diese Doppelseite der Rassebildung: von zwei verschiedenen Menschen stammend, stellt er auch eine neue Einheit dar, und setzt selbst wieder eine Reihe verschiedener Menschen in die Welt. Verschmelzung und Sonderung: das sind die beiden Pole der Achse, um welche sich die Menschheit dreht.
Und da nun jeder Mensch eine neue Art auf die Welt bringt, die durch stetige und enge Blutmischung zur Rasse werden kann, so ist die Frage auch ganz müssig, von wie vielen Elternpaaren unsere bunte Völkerkarte abstammt. So gut es zwei gewesen sein sollen, können es auch mehr gewesen sein; und so sicher sie sich später gespalten haben, kann diese Spaltung auch aus einer ersten Quelle geflossen sein. Mir scheint die Erwägung aller Umstände für die mannigfaltige Entstehung des Menschen innerhalb des warmen Erdstriches zu sprechen; und wenn der alten Welt der Menschenaffen wegen das Vorrecht zugesprochen wird, sich den Mutterschoss des Menschengeschlechtes zu nennen, so wäre es ebensogut denkbar, dass aus den Halbaffen der alten Welt zwar Menschenaffen, aus denen der neuen aber wie das überaus menschlich blickende Kapuzineräffchen einer ist – Affenmenschen hervorgegangen sind, und nicht Lemuren, sondern der versunkene westindische Kontinent die wahre Urheimat der Menschen ist. Aber das sind gleichgültige Phantasien, und wenn auch die Meeresströmungen im Stillen Ozean und der Golfstrom alle von Amerika aus den anderen Erdteilen zuführen, so will ich deswegen nicht darauf schwören, die Besiedelung der alten Welt wäre von der neuen aus erfolgt; am annehmbarsten dürften aber die drei Gegenden Mittelafrikas, des Sundaarchipels und der Antillen als die Wiegen der Menscheit gelten. Von dort aus hätten sich die ersten Horden verbreitet, sind zur Kreuzung gelangt und schufen den noch sehr rohen Stoff, aus welchem die grossen Rassen erst noch hervorzugehen hatten, das Chaos, aus dem die Welt der Menschheit und des Menschenwerkes wurde.
Die Höhe der Rasse
Wenn Geschichte überhaupt einen Sinn hat, so beruht er im Glauben, dass das Leben der Gegenwart aus der Vergangenheit quillt, dass in der Vorzeit die Ursachen und Schaffenskräfte einer jeden Erscheinung liegen, dass, wo ein Abstieg empfunden wird, es vordem besser gewesen ist, und wo eine Höhe erreicht scheint, sie erst hat erreicht werden müssen. Und überall, wo wir eine Höhe sehen, müssen wir an ein Werden dieser Höhe glauben dürfen, oder darauf verzichten, die Gesetze des Lebens zu erforschen.
Und wenn die Art und Weise, wie die Natur schafft, recht erwogen wird, dann ist es sicher, dass, wie die höheren Arten der Pflanzen und Tiere nach den niederen zu Tage getreten sind, so auch die höheren Rassen aus niederen entstanden sind.
Denn was die Rangstufe der Tier- und Pflanzenarten bestimmt, trifft im wesentlichen auch auf die Ordnung der Menschenarten zu: es ist die Höhe des dynamischen Gefüges dafür entscheidend, die oberste, innerste Tatmacht und die Mannigfaltigkeit der unterworfenen Tatmächte. Und dies offenbart sich: erstens in der hohen Tätigkeit und entsprechenden Unabhängigkeit von der Natur, zweitens in der ebenmässigen Durchbildung der Einzelgestalt und des Gesamtlebens, endlich in dem Spielraum, welcher innerhalb des festen Lebensgefüges dem Einzelwesen möglich ist. Auf letzterem beruht die Zukunft einer Art, wie einer Kultur, die der Ausdruck eben der beiden ersten Bedingungen ist.
Wenn auf der Freiheit der Einzelpersönlichkeit, auf ihrem ungehinderten Krafterwerb die Zukunft der Kultur, also der Rasse, beruht, so war sie es auch, die in der Vergangenheit der Zukunftsschöpfer war. Gerade indem ein begabtes Einzelwesen für seine Person ausserhalb der Rasse und Kultur tritt und sein neues Blut, sein eigenes Empfinden, seine höheren Lebenswerte allein im Auge hat; also überkulturell und überrassig ist, wird der Rasse und Kultur doch eine Erhöhung, wenn dies wertvolle Blut in die Adern der Gemeinschaft zurückfliesst, wenn die lebendigere Empfindung mit an dem Werke der Allgemeinheit baut, wenn die höheren Werte zu einem Reichtum aller werden. Wenn mithin das Leben des bedeutenderen Menschen auch innerlich frei bleibt, trägt es seine volle Frucht doch nur in einem gewissen engen Bunde mit dem Gemeinleben; und nur wo dieser Zwang durchführbar ist, und zwar mehr unmittelbar als bewusst, da können der Rasse ihre edelsten Sprösslinge zur Steigerung dienen.
Solche Edelfrucht trägt andererseits eine Rasse vor allem dann, wenn es ihr gegeben ist, viel Kraft zu Neubildungen aufzuspeichern; wenn sie somit im lebhaftesten Austausche mit den Kräften der Natur steht; wenn sie bis aufs äusserste angespannt ist und sich ihres Lebens zu wehren hat; wenn die Not auf sie einbricht und es untergehen oder sich aufraffen heisst. Dann werden die Retter in der Not geboren: kraftvolle Menschen, und sie finden sofort das Feld ihrer Betätigung und Selbstentfaltung.
Und wenn nun diese beiden Bedingungen zusammentreffen, wenn die Not eines Volkes reiche Kräfte in ihm weckt und diese reichen Kräfte an der Verzettelung verhindert werden: dann veredelt und verdichtet sich das Blut, dann steigt durch den Zuwachs innerer Macht die Rasse über sich selbst empor. Eine neue Zukunft beginnt da zu keimen, eine neue Kultur, neues Menschentum.
Das Gebirge als höhere Rasseheimat
Die ferne Vergangenheit der ersten Stufen, über welche die Kulturvölker haben aufsteigen müssen, liegen in Nacht und Nebel der Vorgeschichte vergraben; aber die letzte Neugeburt ist in der Erinnerung der Rassen doch nicht verloren gegangen. Und sie weist den grossen Gebirgen die Ehre zu, die Urheimat ihrer Art gewesen zu sein.
Wirklich, es sind die Gebirge aufs engste mit den ältesten Volkssagen verknüpft und naturgemäss religiös umwoben. Schon der Bergkult weist auf uralte, wurzeltiefe Beziehungen des Menschen zum Gebirge hin, stammt jedenfalls aus einer schon gesteigerten Natur- und Gottesauffassung, und eben auf dem Gebirge war es, wo der Mensch die Gottheiten erkennen lernte, denen er noch später auf allen hohen Hügeln opferte; der Berg ist der Uraltar der höheren Menschheit, und fast möchte ich in der Mode des Alpinismus das jenseitige Rauschen unterirdischer heiliger Quellen vernehmen.
Aber es sind nicht diese Anzeichen allein, die im Gebirge eine Jugendheimat der Kulturmenschheit vermuten lassen. Der Götterberg bildet den religiösen Mittelpunkt bei Ariern wie Semiten. Die germanische Walhall, der hellenische Olymp, der hebräische Sinai, der semitische Ararat sind alles heilige Urorte, die Berge, von welchen die Hilfe kommt. In den Kaukasus verlegt die Bibel die grosse Rassentrennung, vom Himalaya wollen die Chinesen herabgestiegen sein, am Altai finden sich die Spuren turanischer Frühkultur, von der die Sumerer Mesopotamiens herkommen, in den Bergländern der Kordilleren sind die aztekische und peruanische Kultur erblüht; und im Hindukusch ist lange die arische Urheimat gesucht worden.
Was die Rassen nun in die unwirtlichen Gebirge hinaufgejagt hat? Vielfach wohl grosse Naturverheerungen, wie die Sintflut der Bibel oder die deukalionische Flut der Hellenen; oder Feinde. Oder es war die Jagdgelegenheit, die zuerst aus der Ebene hinaufführte: wie vermutlich die Lamajagd die Peruaner auf die Höhe der Anden gelockt hat. Jedenfalls wurde das Gebirge dann eine neue Heimat und mehr, ein Jungbrunnen der Rasse.
Zu leben gab es im Gebirge, sei es von der Jagd, sei es von mitgebrachtem Vieh, dem sich die Alpenmatten eröffneten; aber es war ein karges, hartes Leben, das alle Anforderungen an den Menschen stellte und alle Kräfte in ihm stählte. Da wuchs denn ein männliches, tüchtiges Geschlecht heran, und was der einzelne dem Leben an Wert abzugewinnen wusste, das kam der ganzen Rasse zugute: denn auf engem Gebiete zusammen gedrängt mussten Zwischenheiraten an der Ordnung sein, musste das Blut in engem Kreislauf immer mehr und mehr allen Genossen sich mitteilen. Und so wurde in doppelter Zucht aus niederen Anfängen ein hohes, edles Geschlecht. Zwar, solange es in allzu strengem Ringen mit der Natur blieb, sammelten sich die Kräfte nur an, ohne beweisen zu können, wessen sie nun mächtig waren; das Gebirgsleben verlangte weder, noch gestattete es neue Lebensformen; ja alte Lebensformen retten sich nur zu oft in die letzten Alpentäler, die ihnen kein Feind streitig zu machen weiss.
Aber ist denn nach Geschlechtern doch auch das Gebirge zu eng geworden, treibt die Nahrungsnot doch wieder in die Ebene hinunter, dann kehrt ihr ein verjüngtes Volk zurück, das nun in günstigeren und dankbareren Gegenden beweisen wird, wozu es oben in der Berge Schutz und Freiheit herangewachsen ist.
Jedoch nicht ausschliesslich das Gebirge, auch andere Gegenden können die Rassen in gleicher Weise erzogen haben; nur müssen sie eben auch die Menschen in harte Zucht nehmen und die inneren Erfolge davon dem Blute der Gesamtheit zuführen. Dass die Wüste ein solcher Erzieher sein kann, hat Arabien bewiesen, das aus seinem Sande erst die Juden, später die Araber ausgesandt hat.
Die Juden und die Rasse
Und das ist denn die Ethik der Rassengeschichte, dass sie durch Kampf und Not den Menschen emporsteigen lässt: die höhen wollen erklommen sein! Aber die Not allein stählt nur die Kräfte des Einzelnen, Blutmischung gehört dazu, enges, stetiges Gemeinleben im Kampfe. Die Juden sind ein Beweis dessen, dass der Kampf allein ein Volk nicht veredelt. Dass sie aus Palästina vertrieben wurden, hätte ihnen zum Segen werden können, wenn sie sich nicht zerstreut hätten. Zwar in die assyrische und babylonische Gefangenschaft gerieten sie in Massen, aber es wurden ihnen fruchtbare Siedlungen überwiesen, es trat kein Kampf an sie heran; und so gehen die einen, von keiner nationalen Idee, von keiner religiösen Eigenart mehr zusammengehalten, die zehn Stämme Israels in der Rasse ihrer Umwohner unter. Die andern, die zwei Stämme Judas, hatten ihren Jahve und ihre Sehnsucht nach Jerusalem; das schliesst sie zwar ab, da sie jedoch ebenfalls in reicher Gegend sitzen und nach zwei Geschlechtern wieder zurückkehren dürfen, bleibt die wesentliche Rasseerhöhung aus, und nur auf dem Punkte ihrer lebhaftesten Tätigkeit, auf dem religiösen Gebiete, das sie gleicherweise gegen die babylonischen Gottesdienste wie gegen ihre eigene Verzweiflung zu verteidigen haben, findet eine erhöhte Neubildung statt, die völlige Entweltlichung Jahves und die Abfassung der Bibel 10).
Als Titus sie vertrieb, zerstoben sie in alle vier Winde; und blieben auch immer geheime Fäden bestehen, die alle Teile verbanden, so fehlte doch die Blutzucht. Nur innerhalb ihres Ghetto oder des engeren Gebietes vermochte sie zu wirken, und da schieden sich auch später die westlichen Juden, die portugiesischen und holländischen, von den östlichen, den syrischen, polnischen, deutschen, und von ihnen wieder waren längst die krimschen Kairaim getrennt. Eine gewisse Rassesonderung macht sich also auch hier bemerkbar, aber weil der Lebenskampf, den sie nun zu führen hatten, nur mit dem Verstande zu führen war, weil der Mangel an Landbesitz sie so ganz vom Erdboden löste, entwickelte sich bei ihnen nur der Verstand; die heroischen Kräfte, Mut und Männlichkeit, versiechten. Nur in Zeiten unmittelbarer Lebensnot, bei den Judenhetzen, zeigen sich wieder Züge alter aufopfernder Tapferkeit, die den Hebräern einstens Kanaan gewann; sonst aber hat der Lebenskampf, besonders auch weil der Erwerb sie meistens bald aus der Not riss, sie als Rasse nicht veredeln können, ja durch ihr Genie des Geldes sind sie zum bösen Dämon unserer Kultur geworden, zur Sirene, welche auch die Arier von ihrer Scholle lockern will und an stetem Rassefortschritt hindert. Denn was Rasse für eine Macht ist, haben gerade sie in ihrer ganzen Geschichte bewiesen, sie wollen aber ihre Macht nicht teilen.
Die Lebensgesetze der Rasse
Von den Bergen also ist zwar nicht die Kultur gekommen, sind jedoch die Kulturrassen herabgestiegen. Daher mag immerhin die skandinavische Inselwelt sich als einen Ausgangspunkt arischen Lebens erwiesen haben, noch früher kann denn doch das mittelasiatische Gebirge die wahre Heimstätte und Wiege gewesen sein; für die Semiten scheint der Kaukasus als diese Urheimat, wenn auch noch später die arabische Wüste sie weiterbildet, wie die Arier eben der baltische Norden. Hinter Ägypten und seiner Kultur taucht als Urheimat das abbessinische Gebirge auf, von dessen Gewässern der Nil noch immer seine Fruchtbarkeit erhält; und das südliche Oberägypten war die Stätte der ältesten Entwicklung. Auch im kleinen wiederholt sich später dieses Aufblühen der Kultur in der Ebene durch Kräfte, die aus dem Gebirge stammen. Von der kleinen Berglandschaft Doris kommen die Dorer herab, von den latinischen und sabinischen Bergen geht die Gründung Roms aus.
Die Kulturfähigkeit der höheren Rassen ist von ihnen also in harter Zucht erworben worden, die Höhe ist eine gewordene, die Rasse ist etwas Lebendiges; und das sind ihre Lebensgesetze:
1. | Eine Rasse entsteht und vergeht mit jedem neuen Menschen; | ||
2. | eine Rasse bildet sich nur durch Inzucht und Innenehe aus fremden Elementen; | ||
3. | eine Rasse steigt empor durch | ||
a) | Anspannung der einzelnen Lebenskraft, | ||
b) | stetige Blutmischung im engen Kreise | ||
und zwar in | |||
a) | Vertiefung ihrer Lebensempfindung, | ||
b) | Erhöhung ihrer Lebensformen; | ||
4. | eine Rasse spaltet in Nebenrassen durch Lebenstrennung, durch räumliche oder kulturelle Sonderung von Gruppen und deren selbständiger Weiterentwicklung nach 1. und 2.; | ||
5. | eine Rasse sinkt durch regellose Vermischung ungeeigneter Elemente. |
Nicht starre, ausgeklugelte Regeln sind dies, sondern Lebenserscheinungen von der Unerbittlichkeit der Natur. Denn so sehr die Natur im grossen nur ein Chaos ist, Kampf und Regellosigkeit, so sehr strebt sie im Einzelgebilde nach Einheitlichkeit und Ebenmässigkeit; und recht verstanden geht alle Betätigung der Gebilde nur auf Abwehr störender Eingriffe, nur aus Sicherung und Erhöhung der festen Eigenart. Und wenn alle Kultur Menschenwerk und Lebensarbeit der Rassen ist, wer weiss, ob die Kultur selbst nicht nur ein weiter Umweg zur Erhöhung der Menschheit ist, nur eine Zucht, deren Ziel eine unabsehbare Zukunft ist?
Die Frage der Rasse und des Blutes
Im heutigen Verständnis sind die Betrachtungen von Eduard von Mayer über die Rasse der Menschen und des Blutes etwas seltsam. Sie sind aber Ausdruck der allgemeinen Vorstellungen über die Welt um 1900.
Mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1492 und der Umsegelung Afrikas nach Indien von Vasco da Gama (1497–1500) begann die Entdeckung der Welt und das Zeitalter des Kolonialismus. Mit dem den Expeditionen zum Nordpol von Cook 1907 und Peary 1908 und die Expedition Amundsen’s zum Südpol 1911 wurde die Entdeckung der Welt abgeschlossen.
Die industrialisierten Gebiete Europas und Nordamerikas, das erste Hochaus wurde 1885 in Chicago errichtet, der Eiffelturm in Paris 1889, waren eine komplett andere Welt, als die der indigenen Bevölkerung Amazoniens oder Neuguineas, die noch in der Steinzeit lebten. Die unterschiedlichsten Lebensweisen auf der Welt waren ein Faszinosum.
Da die Menschen nicht nur unterschiedliche kulturelle, technische und gesellschaftliche Lebensweisen kannten, sondern Hautfarbe und physiognomische Merkmale unterschiedlich sind, stellte man sich die Frage, warum das so ist? Der europäische Kulturkreis war ab 1500 technologisch und wissenschaftlich allen anderen Kulturen überlegen. Der europäische Adel setzte sich möglichst nicht der Sonne aus, die «noble» Blässe galt als Inbegriff der Überlegenheit über die auf dem Feld arbeitende, sonnengebrannte bäurische Bevölkerung. Daraus entwickelte sich in den Köpfen eine Hierarchie der Hautfarbe und des Wertes des Menschen: Weisse (Kaukasier, Europäer), Gelbe (Mongolen, Chinesen), Rote (Indianer), Braune (Araber, Semiten, Inder, Malayen) und Schwarze (Afroneger, Negroide). Beispielsweise Ernst Haeckel ordnete die Menschen in höher entwickelte und niedriger entwickelte –, für ihn waren Neger und Negroide auf einer «Entwicklungsstufe» ähnlicher den Menschenaffen als den «hoch» entwickelten Europäern! Neger waren für ihn die letzten Affen, die vom Baum herabgestiegen waren! Solche rassistische Vorstellungen dienten als Rechtfertigung für die Sklavenhaltung und den Sklavenhandel, waren aber auch Rechtfertigung der unterschiedlichen gesellschaftlichen Stände Europas vor der französischen Revolution. Später wurde der Begriff des Standes durch den vom Karl Marx eingeführten Begriff der sozialen Klassen ersetzt. Die von der Tierzucht her bekannten Rassen und deren Merkmale, ein Menschenwerk, sah man auch in den Menschen verwirklicht. Haeckel führte dies auf eine «Selbstzüchtung» zurück. Die Rassentheorie der Menschen.
Die Revolutionen seit 1787 (Sturm der Bastille) waren für Eduard von Mayer, wie wohl auch für die meisten analytisch denkenden Angehörigen der Oberschicht, Anlass für ein Nachdenken nach dem Warum. Die «kulturelle Entwurzelung» der Industriearbeiter war für ihn der Grund –, nicht die Tatsache, dass beim damaligen rasch wechselnden Konjunkturverlauf die Fabrikbesitzer die reichen Früchte der «guten» Konjunktur erhielten, die Arbeiter aber die volle Wucht der «schlechten» Konjunktur zu tragen hatten.
Noch voll im Glauben, das Blut sei die Hauptursache für die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, er nennt dies Rassen, die er etwas unklar nicht streng biologisch verstand, sondern als kulturell ererbte Komplexe, welche je nach Zusammensetzung des Blutes auf- oder absteigen. Die Rasse ist für ihn verantwortlich für die familiären Geschlechter, die Intelligenz, das kulturelle Selbstbewusstsein und für politische Ansichten. Er spricht sogar von einer europäischen Adelsrasse. Andererseits ist für ihn auch jeder Mensch individuell und ein Eigenwesen. Die höchste Stufe der Menschheit hatten für ihn die alten Griechen, insbesondere die Dorer (Sparta) erreicht. Deren Abstieg begann in seiner Denkweise mit der unvorteilhaften Mischung mit anderen Rassen (er meint aber eher die Mischung mit Menschen mit anderen kulturellen Werten). Dass der relative Aufstieg und Abstieg von Völkern mit dem technologischen Können und Wissen zusammenhängt, war für ihn, und ist unter den meisten Historikern oft, keine Betrachtungsweise –, römische Schiffe, römische Kampfkunst, römische Verkehrswege und vor allem römischer Ackerbau waren ab 200 v. Chr. effizienter als in Griechenland. Die 600 Jahre dauerende technologische und wissenschaftliche Vorherrschaft der Griechen endete unter Perseus, dem Nachfolger Alexanders des Grossen, mit der Schlacht von Pydna.
Die Überlegungen von Mayers zur Rasse sind aber in keiner Weise gleichzusetzen mit den eugenischen Konzepten der Nazis. Sie sind Ausdruck der damaligen Vorstellungswelt der Allgemeinheit und zeigen auf, warum der Rassenwahn der Nazis auf sehr fruchtbaren Boden fiel. Seine Theorien sind vielmehr der edle Versuch, zu erklären, dass jeder Mensch sein eigenes Recht auf Selbstbestimmung hat. (Diese Vorstellungen sind heute in der westlichen Welt selbstverständlich, um 1900 war das aber in vielen Teilen Europas nicht so. Dazu gab es stringente Vorstellungen über Sitte und Moral. Dazu gehörte auch die weit verbreitete Vorstellung, dass in gemischtrassigen Verbindungen minderwertige Menschen gezeugt wurden.)
Blut ist ein besonderer Saft. Für Eduard von Mayer gibt es eine «europäische Adelsrasse», entstanden durch Heiratsregeln und den Glauben an eine «göttliche Kraft» des «guten Blutes», das durch Eheschliessung und Fortpflanzung mit Inhabern gleichen oder gleichrangigen «edlen» Geblütes verstärkt werde. Auf diese, auch vom Volk geglaubte Ideologie, gehen heute noch benutzte Ausdrücke wie «von adeligem Geblüt» oder von «blauem Blut» zurück.
Ab 1900 wurden die unterschiedlichen Blutgruppen entdeckt. 1940 kam noch der Rhesusfaktor dazu. Das Blut ist der wichtigste biologische Unterschied zwischen den Menschen. Doch die Blutgruppen sind über die ganze Welt verteilt, wenn auch mit unterschiedlich Anteilen. Dies zeigt, dass die frühen Menschen, je nach klimatischen Bedingungen, in isolierten Gruppierungen lebten und dann beim Wechsel des Klimas sich wieder vermischten. Dies ist eine Folge der Eiszeiten und Zwischeneiszeiten, dem Eiszeitalter. Die Formen der Eiszeiten waren um 1900 noch nicht bekannt.
Der Rhesusfaktor kann sich sogar in Form einer teilweisen Unfruchtbarkeit auswirken (biologische Artgrenze). Ist der Vater Rh-positiv und die Mutter Rh-negativ setzt sich der Rhesusfaktor als dominantes Gen durch, das Kind wird Rh-positiv. Das ist bei der ersten Schwangerschaft noch kein Problem. Doch die Mutter entwickelt infolge von Blutmischung bei der Geburt Antikörper gegen den Rhesusfaktor. Die nächsten Schwangerschaften mit einem RH-positiven Vater enden dann in einem Abort, oder das Kind kommt schwächlich auf die Welt und stirbt ohne moderne medizinische Hilfe kurz nach Geburt an der Infektion mit den mütterlichen Antikörpern. Rhesus-Inkompatibilität
Thomas Voelkin